Seit Jahrzehnten nutzen Autos und Lastwagen einen Weg zur Jugendfarm – und dürften das gar nicht. Eine alternative Straße für Fahrzeuge gibt es aber nicht.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Stuttgart-Birkach - Die Heuballen kommen illegal zur Jugendfarm Birkach – zumindest auf den letzten Metern. Der Weg, der die Farm mit der Aulendorfer Straße verbindet, ist nur für Fußgänger und Radfahrer freigegeben. Lastwagen wie jener, der die Heuballen für die Farmtiere bringt, dürfen die Zufahrt nicht benutzen.

 

Vor einiger Zeit gab es einen Ortstermin an der Aulendorfer Straße, bei dem auch Vertreter der Stadt dabei waren. Es ging um eine Hüpfinsel, die auf der Straße gebaut werden soll. Geplant ist sie im Zusammenhang mit den neuen Wohnhäusern bei der ehemaligen Rinderunion. Bei diesem Besuch in Birkach ist den städtischen Ämtern aufgefallen, dass die Jugendfarm seit fast 40 Jahre eine Zufahrt nutzt, die gar keine ist. Mit Auto oder Lastwagen darf auf dem Weg zur Birkacher Jugendfarm niemand unterwegs sein.

„Die Autos können da ja nicht hinfliegen“

Diese Nachricht hat die Jugendfarm-Vorsitzende Heike Fiestas Cueto arg überrascht. Sie ist seit 2002 bei der Jugendfarm. „Ich kenne das gar nicht anders“, sagt sie. „Wir haben im guten Glauben eine Gewohnheit aufgebaut.“ Sie kamen nicht mal auf den Gedanken, etwas Verbotenes zu tun. Zumal auf den alten Plänen für die Jugendfarm drei Parkplätze eingezeichnet seien. „Die Autos können da ja nicht hinfliegen“, sagt Heike Fiestas Cueto.

Es gebe übrigens gar keine Alternative. Müsste der Heulieferant die Ballen die letzten Meter zur Farm schleppen, und müsste der Tierarzt ebenfalls zu Fuß kommen – die Birkacher Jugendfarm wäre am Ende. „Ich wüsste nicht, wie wir sie weiter betreiben sollten“, sagt Fiestas Cueto. „Wir fahren trotzdem weiter, aber es ist uns massiv unangenehm.“ Weil sie wissen, dass sie eine Ordnungswidrigkeit begehen. „Wir sind uns der Gefahr bewusst“, sagt sie. „Hier muss eine Lösung her, wir machen uns jeden Tag strafbar.“

Die Straße ist zu schmal

Claudia Rexer vom städtischen Ordnungsamt bestätigt, was Fiestas Cueto sagt. „Die fahren seit 40 Jahren verbotswidrig dort“, sagt sie. „Das ist nicht schlimm, solange niemand zu Schaden kommt. Aber es ist aus meiner Sicht dort relativ gefährlich.“ Der Radel-Thon, ein Radrundwanderweg um Stuttgart, führt über eben diesen Weg.

Die vermeintliche Zufahrt der Jugendfarm ist etwa zweieinhalb Meter breit. Damit auf ihr Autos und vor allem Lastwagen fahren dürfen, muss das Sträßchen ausgebaut werden. Erstens muss es breiter werden, zweitens braucht es wohl einen neuen Unterbau. Bei jenem Ortstermin, bei dem das Zufahrtsproblem ans Licht gekommen war, war man übereingekommen, die Möglichkeiten zu überprüfen. Das Stadtplanungsamt ist derzeit damit beschäftigt.

Wie und wann kann die Stadt Stuttgart das Projekt bezahlen?

Wie viel ein Ausbau des Weges kosten würde, ist derzeit nicht klar. Damit verbunden ist die Frage noch offen, wie und wann die Stadt Stuttgart das Projekt bezahlen kann. Sollte die Maßnahme teuer werden, würde sie wohl Gegenstand der Haushaltsberatungen. Da die Planungen aber noch nicht mal beim Tiefbauamt angelangt sind, ist es eher unwahrscheinlich, dass die Jugendfarm-Zufahrt Thema des Etats für die Jahre 2014 und 2015 wird. Für die Leute von der Jugendfarm könnte dies bedeuten: „Wir warten da noch drei Jahre drauf“, sagt Heike Fiestas Cueto.

Grundsätzlich stehen die Chancen jedoch gut, dass die Stadt der Jugendfarm Birkach helfen wird. Der Stuttgarter Gemeinderat hat erst vor wenigen Jahren 210.000 Euro in ein neues Farmhaus investiert. Außerdem wird die Jugendfarm nächstes Jahr 40 Jahre alt. Das ist eine gute Gelegenheit, um die Entscheidungsträger von der Notlage an der Aulendorfer Straße zu überzeugen. Bis dahin gilt: Die Heuballen kommen illegal.