Das Stuttgarter Kammerorchester mit den Brüdern Christoph und Nicolas Altstaedt begeistert im Theaterhaus.

Stuttgart - Eine Wiederholung ist eine Wiederholung ist eine Wiederholung, eigentlich. In der Musik ist das kaum anders als im wirklichen Leben. Und wie im Leben ist die Wiederholung der Wiederholung im Grunde nur eines, langweilig. Wenn nun aber die Wiederholung der Wiederholung nicht zur Ödnis degeneriert, dann ist es Minimalismus. Dieser wiederum kann enorm variantenreich sein. Wie sehr, war nun dieser Tage im Stuttgarter Theaterhaus zu hören.

 

Dort spielte das Stuttgarter Kammerorchester ein Konzert mit Minimalistischem aller Couleurs, auf den Punkt genau, so präzise wie spannend. Denn einige der Orchestermitglieder verfügen in diesem für die Konzentration vertrackt kleinteilig pulsierenden Gefrickel noch über einige Versiertheit, erarbeitet in den Jahren, in denen Dennis Russell Davies Chefdirigent gewesen ist. Zum anderen stand an diesem Abend Christoph Altstaedt am Pult, ein junger Dirigent, der offenkundig über soviel Verve wie Nervenstärke verfügt, das Gleiche nicht gleich klingen zu lassen. Den Anfang machte man mit „Shaker Loops“ von John Adams.

An diesem Stück lässt sich die Wandlung des Komponisten vom puristischen Minimalisten zum Postminimalisten ablesen. Denn die Partitur nahm Adams von 1978 bis 1983 immer wieder zur Hand, mit dem Ansinnen, der strikten Komposition mit Patterns irgend zu entkommen. Und doch, das machte auch die hochklassige Interpretation von Altstaedt mit dem Stuttgarter Kammerorchester deutlich: die stärksten Momente dieser Musik, sind ihre puristisch minimalistischen Momente, in denen sich das Melodische wenn überhaupt, in der Konzentration auf dynamisch graduell verschiedene Repetitionen ergibt.

Dass diesem Übergangsopus Wilhelm Killmayers „Sostenuto für Violoncello und Streicher“ aus dem Jahr 1984 gegenüber gestellt wurde, war schön, war sinnfällig. Killmayer, geboren 1927, kultiviert die melodische Linie. Entstehen lässt er sie, indem er das Vibrato als strukturelles Element benutzt. Ein heikles Stück ist das, der Solopart vor allem silberfadenzart geflochten. Gespielt wurde das zarte Gespinst von Nicolas Altstaedt, ohrenbetörend schön. Wilhelm Killmayer sagte einmal, „Ein einzelner Ton ist für mich etwas sehr Kostbares – wie ein Kristall oder eine Blume“. Es hätte ihn bestimmt gefreut zu hören, wie kostbar die Brüder Altstaedt und das Stuttgarter Kammerorchester sein Musikideal glänzen ließen.

Die Schönheit des rhythmischen Mechanistischen so richtig aufpoliert, gab es im Anschluss mit „Triple Quartet“ von Steve Reich. Und so richtig schön finnischschräg wurde es am Schluss mit Aulis Sallinens „Kammermusik III. The Nocturnal Dances of Don Juanquixote“. Nicolas Altstaedt brillierte mit blitzschnellen Wechseln zwischen schönem Spiel im klassischen Sinn und kunstvoll verschmutztem Klang. Bei manch einem dürfte hier vor dem inneren Auge ein Film abgelaufen sein, wie von Auris Kaurismäki gemacht. Begeisterung und Astor Piazzollas Tango „Oblivion“ als Zugabe.