Ein Fahrradweg entlang der Flachterstraße im Gewerbegebiet Weilimdorf ist aufgrund der Verkehrsführung für den „Pannenflicken 2015“ nominiert worden. Die Initiative Cycleride verleiht seit 2006 alljährlich den Negativ-Preis.

Weilimdorf - Wer mit dem Fahrrad im Gewerbegebiet unterwegs ist und vom Kreisverkehr in Richtung Hausen abbiegt, muss den Radweg parallel zur Flachter Straße benutzen. Muss. Dies besagt das dort aufgestellte Verkehrszeichen 241, das ein weißes Rad auf blauem Grund zeigt. Ist der Radweg nicht nutzbar, etwa weil er gesperrt oder – was in der Vergangenheit des Öfteren vorkam – überschwemmt ist, darf aber nicht auf der Straße geradelt werden: Dies ist durch ein entsprechendes Verbotsschild explizit untersagt. Aufgrund dieser Verkehrsführung ist Stuttgart nun für den Negativ-Preis „Pannenflicken“ nominiert.

 

Initiative Cycleride vergibt den „Pannenflicken“

Den verleiht die Initiative Cycleride, ein bundesweiter Zusammenschluss von Fahrradfahrern, seit 2006 alljährlich an Städte, Gemeinden und Landkreise, die sich nach Ansicht der Initiative allzu offensichtlich und mitunter gar grob fahrlässig nicht an die Gesetze, Vorschriften und Empfehlungen in Bezug auf Radverkehr halten. So gebe es Mindestanforderungen, damit ein Radweg benutzungspflichtig sein dürfe, sagt Eric Liebold von Cycleride. Besonders kritisch würden Fahrbahnverbote wie das auf der Flachter Straße betrachtet: „Nur wenn eine ganz massive Gefährdung der Radfahrer vorliegt, dürfen Radverbote ausgesprochen werden.“ Oft würden die Straßenverkehrsbehörden jedoch recht unüberlegt mit solchen Verboten umgehen, sagt Liebold: „Häufig macht man sich keine Gedanken, wie der Radfahrer sein Ziel erreichen kann.“

Dies sei bei dem monierten Radweg nicht der Fall, sagt Bernd Eichenauer, von der Stuttgarter Straßenverkehrsbehörde. Die Beschilderung sei zwar in der Tat etwas kurios, aber kein Zufall. „Das Ziel des Verbotsschilds ist, den Radverkehr auf den Radweg zu lenken“, sagt Eichenauer. Ausschlaggebend dafür sei gewesen, dass der Kreuzungsbereich der Flachter Straße zur Hemminger Straße und zur B 295 seinerzeit, als die Schilder angebracht wurden, ein Unfallschwerpunkt gewesen sei.

Die Absicht war es daher, den Radfahrer schon am Kreisverkehr auf diejenige Straßenseite zu lenken, auf der der Radweg verläuft. Dafür gebe es am Kreisverkehr sogar eine extra Ausfahrt, die in den Radweg mündet, erklärt Eichenauer. Eric Liebold hingegen hält solche linksseitigen Radwege generell für problematisch: „Jede Fahrbahnquerung stellt ein zusätzliches Risiko dar.“ Und die Radler, die ein Ziel im Gewerbegebiet ansteuern, müssen die Fahrbahn zwangsläufig überqueren.

Cornelius Gruner, vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Stuttgart findet es etwas fragwürdig, dass die Stadt wegen dieser einen Sache für einen Negativ-Preis nominiert ist. „Ich bin mal von Flensburg nach Stuttgart geradelt – man findet in jeder Stadt etwas Abstruses.“ Dass die Situation an der Flachter Straße abstrus sei, stehe allerdings außer Frage. Nur gebe es hier im Hinblick auf den Radverkehr eben noch viel mehr zu verbessern, meint Gruner: „Stuttgart hat fahrradtechnisch noch Nachholbedarf.“ Daran, wie die Nominierung begründet sei, gebe es aber nichts zu deuteln, sagt Gruner: „Die Wegeführung ist aberwitzig, das Verbotsschild gehört ersatzlos weg.“

Behörde prüft, ob Beschilderung geändert werden kann

Tatsächlich geht die Straßenverkehrsbehörde der Frage nach, ob die Beschilderung geändert werden kann. Derzeit werde geprüft, ob der Kreuzungsbereich der Flachter Straße noch immer ein Unfallschwerpunkt sei, sagt Bernd Eichenauer. „Wenn das nicht mehr zutrifft, fallen die Benutzungspflicht und das Fahrbahnverbot weg.“

Unabhängig davon, zu welchem Ergebnis die Verkehrsbehörde kommt, sollte der Radweg künftig zumindest häufiger befahrbar sein: Als im Herbst die Flachter Straße saniert wurde, hätten sich viele Anlieger gemeldet, die dort mit dem Rad unterwegs seien, berichtet Adam Malyschew vom Tiefbauamt. Sie hätten darum gebeten, auch gleich den Radweg zu sanieren, damit der nicht so häufig unter Wasser stehe.

Bereits im April hatte dies auch die Grünen-Bezirksbeirätin Anne Essig angeregt, als Malyschew dem Gremium die Sanierungspläne präsentiert hatte. Und das Tiefbauamt hat reagiert: „Ende Oktober haben wir die wichtigsten Stellen aufgefüllt, so dass es nicht mehr zu Überschwemmungen kommen dürfte“, sagt Malyschew. Er appelliert auch an die Landwirte, die entlang des Radwegs ihre Felder bewirtschaften: Sie sollten beim Wenden möglichst einen guten halben Meter Abstand zum Radweg einhalten, damit sich die Erde nicht zum Radweg hin anhäuft. „Es gibt keine Entwässerung des Weges. Das Wasser soll zum Feld ablaufen und dann versickern“, erklärt Malyschew.