Die Deutsche Bank will Sicherheitslücken der Technik ausräumen, doch das ist ein zäher Prozess.

Frankfurt - Es sind klare Worte, die der Technikvorstand der Deutschen Bank wählt. "Wir müssen den Magnetstreifen auf der EC-Karte killen", sagt Hermann-Josef Lamberti. Die Sicherheitslücke auf den Kontokarten sei schlichtweg "nicht mehr akzeptabel", so Lamberti. Man könne nicht auf den "letzten Händler hinter Passau" warten, damit auch der sein Lesegerät auf Chiptechnologie mit Geheimzahl umgerüstet habe. Einziges wirksames Mittel, um die Gefahr zu bannen, sei ein gemeinsamer Beschluss der Kreditwirtschaft von einem auf den anderen Tag keine Karten mit Magnetstreifen mehr auszugeben. Doch der steht in den Sternen.

 

Der Grund für Lambertis deutliche Worte: die Deutsche Bank ist ein gebranntes Kind. Nach Informationen aus dem Unternehmensumfeld hatte sie in den vergangenen Jahren immer wieder mit deutlichen Schäden aus dem Kartenbetrug zu kämpfen. So steht etwa in Wuppertal eine Bande vor Gericht, die an Deutsche-Bank-Geldautomaten Kundendaten von Magnetstreifen abgegriffen und für illegale Abbuchung in Millionenhöhe im Ausland eingesetzt hatte ("Skimming"). Zuletzt hatte das Bundeskriminalamt bekräftigt, dass gegen diese Betrügereien das wirksamste Mittel sei, den Magnetstreifen abzuschaffen. Deutsche-Bank-Manager Lamberti sieht nicht nur die Gefahr des Skimmings. "Wir akzeptieren implizit, dass wir in den drei Jahren der Kartenlaufzeit unsere Kunden einem potenziellen ,Identity Theft' aussetzen", so der IT-Manager. Beim Identitätsdiebstahl nutzen Betrüger erbeutete Daten von Bankkunden, geben sich damit als diese bei Internetgeschäften aus oder sammeln Informationen und geben sie weiter.

Zahlterminals verzichten auf Streifen

Der Magnetstreifen auf der Rückseite stirbt dennoch nur einen extrem langsamen Tod. Denn Zehntausende Kontoauszugdrucker in Deutschland reagieren allein auf die Daten des dunklen Streifens. Die Maschinen umzurüsten würde teuer werden. Außerdem nutzt der Einzelhandel die Daten, um die per Unterschrift an der Kasse bestätigte Lastschrift zu ermöglichen. Denn das ist für die Händler günstiger, als die 0,3 Prozent des Umsatzes, die sie für eine Abwicklung über das System Girocard zahlen müssen.

Von Juli an werden alle Zahlterminals in Deutschland für Girocard-Transaktionen keine Daten aus dem Magnetstreifen mehr verwenden, sondern Buchungen nur noch über Chip und Geheimzahl abwickeln, alle Geldautomaten folgen dann im kommenden Jahr. Die 93 Millionen Kontokarten deutscher Institute sind schon mit einem Chip ausgestattet - aber eben nicht nur. Aus Kundensicht ist das Überleben des Magnetstreifens kein Nachteil. Betroffene haben im Fall eines Betruges vor allem bürokratischen Ärger, den finanziellen Schaden von Fehlbuchungen kriegen sie von der Bank ersetzt. Es gibt aber für die Kartenbesitzer einer zunehmenden Anzahl an Instituten lästige Einschränkungen. Die Deutsche Bank und einige andere Banken schränken mittlerweile die Auslandsnutzung von Kontokarten ein oder überlassen den Kunden eine Sperrung, da erbeutete Magnetstreifendaten vor allem im außereuropäischen Ausland zum Betrug genutzt werden. Für Touristen kann das böse Überraschungen mit sich bringen: Der Geldautomat spuckt kein Geld aus. Erst ein Anruf bei der Bank - oder der Einsatz einer Kreditkarte - hilft dann weiter.

Vorgewagt hat sich keine Bank

Um dem Skimming auszuweichen, haben einige Banken einen anderen Ansatz gewählt. Postbank-Kunden und viele Kunden von Volks- und Raiffeisenbanken haben bereits Karten mit dem V-Pay-Logo von Visa erhalten. Diese wickeln Transaktionen generell nur noch über Chip und Geheimzahl ab. Sie tragen aber dennoch - etwa für die Lastschrift an der Kasse - einen Magnetstreifen. Die Daten können zwar weiter auch von Betrügern ausgelesen werden und das Risiko des Identitätsdiebstahls bleibt bestehen, aber das Bezahlen mit Kartendubletten an Magnetstreifen-Geräten im Ausland ist unmöglich.

Allerdings bringen die V-Pay-Karten einen Nachteil mit sich. Sie sind nur in Europa einsetzbar. Wer nach Thailand oder USA reist, ist auf eine weitere Karte angewiesen. Und selbst in vielen europäischen Ländern können noch böse Überraschungen lauern. In Dänemark etwa können nach Visa-Angaben erst 50 Prozent der Zahlterminals genutzt werden, in Schweden gar erst 39 Prozent. Vor solchen Überraschungen sollen Inhaber von Karten mit dem "Maestro"-Logo geschützt werden. "Das Wichtigste ist, dass der Kunde keine negative Erfahrung macht und irgendwo nicht bezahlen kann", sagt Peter Ehmke, Deutschland-Chef von Mastercard. Deshalb sei der Magnetstreifen wichtig.

Die Banken wägen also bislang zwischen Sicherheit und der weltweiten Kartenakzeptanz ab. "Entscheidend für die Dauer dieses Wettstreits wird sein, wie schnell die ersten großen Banken bereit sein werden, den Weg zu Karten nur mit Chip zu gehen", sagt Jürgen Thede, der Banken bei ihrer Kartenstrategie berät. Erste Banken prüften dies. Doch vorgewagt hat sich bisher noch keine. Die Verwirrung des Kunden ist damit perfekt: Ist ein Magnetstreifen auf der Karte, ist das nicht mehr länger eine Garantie für die weltweite Einsatzmöglichkeit der Kontokarte. Reisende Kunden brauchen also entweder zusätzliche Karten oder müssen bei ihrer Bank Urlaub anmelden. Die Sparkassen wollen daher mit einer Entscheidung über eine Auslandssperre in jedem Fall bis nach den Sommerferien warten.