Beim Kölner Rosenmontagszug wird der Motivwagen zum Anschlag auf „Charlie Hebdo“ nicht mitfahren. Die Chefjecken geben mit ihrem Verzicht auf Terrorkritik ein ganz schwaches Bild ab, meint die StZ-Redakteurin Julia Schröder.

Stuttgart - Nevzat Yasar Azikoglu hat da was missverstanden. Bevor der Ditib-Vorsitzende die Hasenherzigkeit des Festkomitees Kölner Karneval belobigte mit der Begründung, es gehe um „Respekt“ vor den Werten des Islam, hätte er besser zunächst einen Blick auf den Entwurf für den Motivwagen zum Thema „Charlie Hebdo“ geworfen. Ein einziger Blick lässt nämlich unschwer erkennen, dass hier der Terror gegen die Meinungsfreiheit auf die Schippe genommen wird und nicht der Islam oder die Muslime. Schlimmer als das ist aber, was die Kölner Jeckenchefs sich geleistet haben.

 

Denn worum sollte es gehen auf diesem Motivwagen, der nun an Rosenmontag nicht zu sehen sein wird? Um eine satirische Darstellung der Morde von Paris, um die weltweite Solidarität von Künstlern als Reaktion auf die perfiden Ziele der Mörder, um ein trotziges Pochen auf die Meinungsfreiheit. Um all das, was nach den schwarzen Tagen im Januar von Politikern und Leitartiklern, Spitzen der Gesellschaft und demonstrierenden Normalbürgern einhellig beschworen worden war. „Wir lassen uns nicht einschüchtern“, war die Botschaft. Aber die Karnevalsfunktionäre haben sich einschüchtern lassen – von Bedenken, die vermutlich im Trubel der tollen Tage, im absichtsvoll geschmacklosen Bilderwirbel des Rosenmontagsumzugs nicht einmal eine Rolle gespielt hätten. Glauben die Herrschaften im Ernst, einen Attentäter, der den „Zoch“ ins Visier nähme, würde ihr Rückzieher zur Vernunft bringen?

Der Kern des Karnevals ist nicht Klatschmarsch, Kappensitzung und Kamelleschmeißen, sondern Frechheit, Löcken gegen die mannigfaltigen Stachel der Obrigkeit, Hohn und Spott als Waffe und Trost des kleinen Mannes. Wer ausgerechnet das Thema Meinungsfreiheit zum Tabuthema erklärt, überlässt sich der Selbstzensur und den Karneval den Komasäufern. Das Festkomitee hat versagt, das Festkomitee kann nach Hause gehen.