Konservative Männer in der Kreis-CDU haben Angst vor starken Frauen lautet der Vorwurf, seitdem Jutta Schiller im Duell um das Mandat als Landtagskandidatin unterlag.

Region: Corinna Meinke (com)

Kreis Göppingen - Wenige Tage nach der Kür von Simon Weißenfels zum Landtagskandidaten für den CDU-Wahlkreis Göppingen ist die Enttäuschung unter den Anhängerinnen von Jutta Schiller und dem sozialpolitischen Flügel nach wie vor groß. Gleichzeitig wird Unmut im Wahlkreis Göppingen laut, und zwar wegen der Dominanz des östlichen Kreisgebiets, in dem sowohl der nun nominierte Erst- wie der Zweitkandidat im Wahlkreis Geislingen zu Hause sind. Manche Mitglieder erkennen ihre Partei nach der Nominierung zweier stramm rechtskonservativer Vertreter nicht wieder. Daraufhin kündigten noch am Wahlabend mehrere Frauen ihren Austritt aus der CDU an.

 

Frühere Frauenunionsvorsitzende tritt aus CDU aus

Wahr gemacht hat diesen Schritt beispielsweise Christine Dessup aus Ebersbach, die bis 2011 Vorsitzende der CDU-Frauenunion im Kreis Göppingen war und sich an ihrem Arbeitsplatz im Stuttgarter Innenministerium als stellvertretende Beauftragte für Chancengleichheit engagierte. Dessup sei zwar weiterhin mit vielen CDU-Positionen einverstanden, wolle sich aber nicht mehr Projekte der Landes-CDU wie „Frauen im Fokus“ vorsäuseln lassen, solange Ämter nicht gerecht zwischen den Geschlechtern verteilt würden.

Die Entscheidung für den erklärten Eislinger Abtreibungsgegner Axel Raisch als Zweitkandidaten bezeichnete Dessup als erschreckend. Damit sehe sie künftig noch schlechtere Chancen für Frauen in der CDU, wo sie sich heute bereits am härtesten durchbeißen müssten. Das stehe alles im Kontrast zu der Behauptung, Frauen könnten sich durch ihre Qualität durchsetzen.

Konservative Männer in Angst vor starken Frauen

„Als Frau in der CDU tue ich mich sehr schwer“, sagt auch Brigitte Kreisinger, die den Ebersbacher CDU-Stadtverband leitet. Eigentlich sei die Frauenquote nicht ihre Sache, doch „beim Genderthema kommen wir nicht weiter ohne Zwang“, beklagte die Unternehmerin, die das offene Wort in der Partei pflege, zumal sie nichts zu verlieren habe. Es gebe viele konservative Männer in der Partei, die sich schwertäten, mit Frauen auf Augenhöhe umzugehen. Für diese Männer seien starke Frauen ein Problem: „Vor Frauen wie mir haben sie Angst.“ Trotz allem steht ein Parteiaustritt für Brigitte Kreisinger nicht zur Debatte. Sie hat für Jutta Schiller als Landtagskandidatin gestimmt, weil sie bei Weißenfels Berufs- und Lebenserfahrungen vermisst. „Er hat noch nie mit der Hand am Arm geschafft“, bemängelte Kreisinger, die sich auch wundert, dass der Süßener mit 28 Jahren sein Studium noch nicht beendet hat.

Vom östlichen Kreisgebiet dominiert

Trotz allem wird die Stadtverbandsvorsitzende den Wahlkampf für Simon Weißenfels im Unteren Filstal organisieren, da sie das demokratische Votum akzeptiert. Ein Problem sieht die streitbare Christdemokratin auf die Partei zukommen, denn die Mitglieder im unteren Filstal sähen sich benachteiligt und dominiert vom östlichen Kreisgebiet. Bei der Kandidatenkür habe sich gezeigt, dass Schiller eine Göppinger Hausmacht gefehlt habe, während Weißenfels auf die Junge Union habe setzen können, deren Kreisvorsitzender er sei, sagte Kreisinger.

Eine Kampagne für Schiller stand nicht zur Debatte

Mangelnde Unterstützung für die Kandidatin Jutta Schiller aus deren heimatlichem CDU-Stadtverband Göppingen möchte sich Gabriele Keppeler nicht nachsagen lassen. Eine Kampagne für Schiller habe allerdings auch nicht zur Debatte gestanden, sagte die Stadtverbandsvorsitzende, zumal Schiller sie nicht um Unterstützung gebeten habe. Für Keppeler hatte die Vorstellung der beiden Bewerber für das Mandat als Landtagskandidat beim Stadtverband kein einheitliches Bild ergeben, und angesichts einer nicht gut besuchten Versammlung habe man kaum über die beiden Personalvorschläge diskutiert. Mit ihrer Entscheidung für Weißenfels sei die CDU wieder mehr in die Mitte der Gesellschaft gerückt, meint Keppeler, da er ein breites Themenspektrum und ureigene Werte wie das Leistungsprinzip vertrete, für die sie vor 37 Jahren in die CDU eingetreten sei. Keppeler hält nichts von der Frauenquote.

Ebenfalls wenig Sorgen um die Frauen in der Partei und die ideologische Ausrichtung der CDU macht sich der Sprecher der Göppinger CDU-Fraktion, Felix Gerber, der sich angesichts einer weiblichen Kanzlerin sowie einer Kreis- und einer Stadtverbandsvorsitzenden von Frauen regiert sieht und keinen Rechtsruck nach der Nominierung Weißenfels’ erkennen kann. Wenn es in der CDU Randpositionen gebe, die zu einer Volkspartei gehörten, sei es besser, „Leute an uns zu binden, damit sie nicht auf die Idee kommen, zum Beispiel die AFD zu wählen“, meinte Gerber.