Wenn Sie die Schullandschaft generell betrachten , was ist die einschneidendste Entwicklung ihrer Berufszeit?
Sauer: Die Computertechnik. Verwaltung und Statistik rauben viel mehr Zeit als zuvor und es steht weniger Zeit für das Pädagogische zur Verfügung. Kern: Die Vielfalt der Aufgaben hat in den 22 Jahren deutlich zugenommen. Sowohl intern als auch extern gibt es viel mehr Gespräche zu führen. Das kostet Zeit. Eigentlich haben wir uns immer am Anfang eines Schuljahres vorgenommen, das jeder von uns an einem Nachmittag pro Woche früher gehen kann. Geklappt hat das eigentlich nie. Das zeigt aber auch, dass wir beide sehr gerne arbeiten.
Im vergangenen Jahr haben alle Gymnasien einen Ansturm erlebt. Wie reagieren Sie darauf, und was bedeutet der Wegfall der Grundschulempfehlung für die Zukunft der Gymnasien?
Kern: Wir haben und werden so darauf reagieren, dass wir die Klassenzimmer der Fünftklässler komplett neu möblieren. Die neuen Möbel sind so ausgesucht, dass wir mit Lernformen arbeiten können, in denen wir die Schüler mit differenzierten Materialien versorgen können. Schon seit Jahren fördern wir das selbst organisierte Lernen. Wir unterstützen vielfältig, haben aber auch den Anspruch, dass das Abitur den Zugang zur Hochschule ermöglichen muss. Und zwar nicht nur auf dem Zeugnis, sondern auch vom Knowhow der Schüler.
Glauben Sie, dass Gemeinschaftsschulen auch potenzielle Gymnasialkinder anziehen werden?
Kern: Das hängt davon ab, wie sich die Schulstruktur entwickelt und ob es wirklich zu einem zweigliedrigen System kommt. Noch haben wir die Realschulen als Schulform. Wir werden im Gymnasium neue Lernformen einführen. Trotzdem wird immer die Frage bleiben, ob das Kind überfordert ist und unter Druck steht. Das muss den Eltern offen gesagt werden.
Zurück nach Bad Cannstatt. Was werden Sie vermissen?
Sauer: Ich werde den Umgang mit den Schülern vermissen, vor allem mit meinen Debatern. Was ich nicht vermissen werde, ist das Korrigieren.
Kern: Das gemeinsame Lernen mit den Schülern macht die größte Freude. Ich habe in meiner Laufbahn niemals dieselbe Stunde ein zweites Mal gehalten. Ich habe mich immer auf die jeweiligen Schüler vorbereitet.
Ist es besonders schwierig, wenn Schulleiter und Stellvertreter gleichzeitig gehen?
Sauer: Wir bereiten schon das ganze Jahr den Übergang vor. Und wir sind ja auch nicht aus der Welt. Für Fragen sind wir auch nach unserem Weggang zu erreichen.Kern: Es ist eine Herausforderung. Aber wir haben unsere Pläne früh genannt und wir wissen seit Mai über die Nachfolge Bescheid, sodass wir jetzt vielfältige Übergangsgespräche führen können.
Was geben Sie ihren Nachfolgern in diesen Gesprächen mit auf den Weg?
Sauer: Man braucht unheimlich viel Geduld, ein breites Kreuz und eine verständnisvolle Frau. Kern: Und Gelassenheit.
Was steht konkret an der Schule an?
Kern: Wir wünschen uns, dass das Dach ausgebaut wird. Es gibt zu wenig Besprechungszimmer, und es fehlt eine Aula. Es ist wichtig, auch ein denkmalgeschütztes Gebäude fit für die aktuellen Anforderungen zu machen. Auch in den Klassenzimmern gibt es noch einiges zu verändern, zum Beispiel können Durchbrüche sinnvoll sein. Sauer: Man sieht an der Turnhalle, dass steter Tropfen den Stein höhlt. Es hat fast zehn Jahre gedauert, bis dieses Projekt in den 90er-Jahren vollendet wurde.
Wenn Sie sich gegenseitig anschauen, was schätzen Sie am jeweils anderen?
Sauer: Sein Wissen, seine Konsequenz, die Geschicklichkeit, wie er Gespräche führen kann und natürlich seine Energie, immer wieder Neues auf den Weg zu bringen. Es war ein Glücksgriff des Regierungspräsidiums, uns zusammen zu bringen.Kern: Die absolute Verlässlichkeit, die Ruhe und die Konsequenz, mit der die Dinge abgearbeitet werden. Wir mussten uns immer nur kurz anschauen und wussten, was der Andere denkt.
Was tun Sie denn nun mit der neu gewonnenen Freiheit?
Sauer: Ich werde mich meinen Hobbys widmen: Ich spiele Golf und schreibe. Vielleicht werde ich ab und zu hier beim Debating unterstützen. Außerdem möchte ich mehr Zeit mit meiner Frau verbringen, mich beim Kochen versuchen, meine Kinder im Ausland besuchen und einfach mich selbst mal mehr in den Mittelpunkt stellen.Kern: Ich bin sozial engagiert in der Kirchengemeinde Winnenden und werde mich noch stärker als bisher in unsere zwei sozialen Projekte in Bolivien und Indien einbringen. Privat freue ich mich darauf, Zeit zum Programmieren zu haben. Ich liebe es, Programmiersprachen zu lernen, und dazu braucht man Ruhe und Zeit. Außerdem möchte ich lesen, Bücher intensiv durcharbeiten. Nicht zuletzt möchte ich mir mehr Zeit für meine Familie nehmen.