Der Gemeinderat Kernen verzichtet darauf, den neuen Hochwasserdamm weiterzuplanen. Zuerst sollen einige wichtige Fragen nach Müllkippen und Quellen gestellt werden.

Kernen - Statt 6,70 Meter nur noch 5,70 oder gar nur wenig über 4 Meter soll der neue Damm am Krebenweg werden, der Stetten vor einem Hochwasser schützen soll, wie es einmal im Jahrhundert vorkommt. Mancher Bürger und auch viele Gemeinderäte können sich trotzdem nicht vorstellen, dass sich ein solches Monstrum samt seinem Auslassbauwerk aus Beton im Haldenbachtal am Krebenweg landschaftsverträglich verstecken lässt. Die voraussichtlichen Kosten von fast 3,8 Millionen Euro erschrecken.

 

Der Gemeinderat Kernen hat sich am Donnerstag deswegen nicht einmal entschließen können, einen neuen Vorentwurf bei Gutachter Stefan Krämer zu bestellen. Zuerst sollen einige aufgeworfene Fragen über Gefahren bei Hochwasser untersucht werden. Geprüft werden muss, was mit Altlasten aus Müllkippen im Boden im Bereich der Staufläche und was mit den Brunnenwiesenquellen passiert. Aus diesen bezieht die Diakonie Stetten ein Drittel ihres Wassers. Ihnen droht, dass sie bei Hochwasser überflutet werden.

Im Überflutungsgebiet darf nicht gebaut werden

Am Dammbau hält Bürgermeister Stefan Altenberger fest, obwohl er allenfalls auf eine knappe Mehrheit zählen kann: „Wir haben nach wie vor ein Problem, was die Bautätigkeit in Stetten betrifft.“ Teile von Stetten liegen in einem Überflutungsgebiet. Dort werden alle Bauanträge abgelehnt, obwohl es sich um Baugebiete oder ansonsten bebaubare Grundstücke handelt. Auch fürchtet er Schadenersatzforderungen, wenn der sanierungsbedürftige bestehende Damm nicht nach dem Stand der Technik ausgebaut wird.

In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats Kernen stellte der Gutachter Stefan Krämer aus dem Büro Zink Ingenieur seine umfangreichen Berechnungen vor. Statt die Dammkrone wie bisher angenommen um 4,20 Meter auf 6,70 Meter Höhe, gemessen vom vorhandenen Weg, aufzustocken, hält er es für machbar, das Bauwerk um einen Meter Höhe kleiner zu halten, wenn die Ablaufgeschwindigkeiten erhöht werden. Er hat dabei vorläufig nicht berücksichtigt, dass die Klimaänderung sich möglicherweise auf die Stärke von künftigen Regenfällen auswirkt. Bei Bedarf soll es allerdings möglich sein, den Damm mit möglichst geringem Aufwand noch zu erhöhen. Weitere 1,60 Meter wird der Damm niedriger, wenn er ganz oder teilweise überströmt werden kann, ohne Schaden zu nehmen. Er muss dazu allerdings speziell gesichert werden und wird teurer.

Gemeinde kann mit hohen Zuschüssen rechnen

Der Gutachter kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass das Rückhaltebecken im Vergleich zu den drohenden Hochwasserschäden mit dem erhöhten Damm wirtschaftlich ist, sodass die Wasserwirtschaftsverwaltung Zuschüsse in Aussicht gestellt hat, die stattliche 2,2 Millionen Euro betragen, also 70 Prozent der anrechenbaren Kosten.

Mehrere hintereinander geschaltete Becken sind teurer

Zwar ist es denkbar und wird häufig auch in Stetten gefordert, zwei bis drei in Reihe geschaltete Rückhaltebecken im Haldenbach zu errichten. Mit diesem Lösungsansatz wäre es möglich, die Dammkronenoberkante um etwa zwei Meter abzusenken. Das Konzept führt aber zu deutlich höheren Baukosten und weist daher ein deutlich schlechteres Kosten-Nutzen-Verhältnis auf. Bürgermeister Stefan Altenberger verfolgt diese Idee auch deswegen nicht weiter, weil er befürchtet, dass ein Gartenhausgebiet überflutet wird.

Schutzbauten sind auch unterhalb des Damms nötig

Der Gutachter rät auch von zwei anderen Varianten bei den Abflussmengen ab, die erlauben, den Damm um mehr als einen Meter kleiner zu planen. Auch diese Bauart verursacht Mehrkosten. Wenn das Rückhaltebecken bei niedrigerem Stauvolumen mit einem höheren Abfluss betrieben wird, dürften sich die Überflutungsflächen in Stetten vergrößern. Dadurch würden höhere Aufwendungen für den Hochwasserschutz im Ort nötig.

Das Hochwasserkonzept geht ohnehin schon über den Neubau des Damms am Krebenweg samt seiner Auslasseinrichtungen hinaus und schließt abschnittsweise Ausbauten entlang des Haldenbachs, soweit er durch den Ort fließt, ein. Auch am Hardtwiesenbach, der im Zuge der Grüntorstraße bis zum Haldenbach verdolt ist, werden Arbeiten fällig, insbesondere am Einlauf am Ortseingang. Die Rohre unter der Grüntorstraße sind ausreichend dimensioniert, glaubt der Gutachter. Er rät, sie mit einer Kamera zu befahren, um mögliche Schäden auszuschließen.

Der in den fünfziger Jahren gebaute Damm am Krebenweg, der 1995 erhöht worden ist, bietet seither keinen ausreichenden Hochwasserschutz für Stetten und weist gravierende sicherheitstechnische Defizite auf. Das bestehende Grundablassbauwerk entspricht nicht mehr dem Stand der Technik. Eine Hochwasserentlastungsanlage muss neu gebaut werden. .