Kristina Schröder (CDU) macht auf den zu langsamen Ausbau von Krippenplätzen aufmerksam. Ein Problem, das sie bald selbst treffen könnte.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Familienministerin Kristina Schröder (CDU) hat am Mittwoch ihre vorerst letzte Kabinettssitzung absolviert. Danach trat sie vor die Presse, um ein Problem anzusprechen, das demnächst ihr eigenes werden könnte: der Mangel an Betreuungsplätzen für Kleinkinder. Die schwangere Ministerin steht vor der Niederkunft. Sie geht jetzt in den Mutterschutzurlaub. Ihr finaler Auftritt vor der Familienpause galt einem Missstand, der viele werdende Eltern betrifft, vor allem im Westen der Bundesrepublik.

 

Beim sogenannten Krippengipfel am 1.April 2007 hatten Bund, Länder und Kommunen vereinbart, bis 2013 für jedes dritte Kleinkind unter drei Jahren einen Krippenplatz zu schaffen. Eltern haben von da an einen Rechtsanspruch auf Betreuung. Der Nachholbedarf wurde bundesweit auf 750.000 Plätze geschätzt. Der Bund versprach vier Milliarden Euro, was einem Drittel des Investitionssumme entspricht.

Angebot nur für 23 Prozent der Kleinkinder

Schröders Zwischenbilanz zeigt: Es fehlen noch 280.000 Krippenplätze. Der Bund hat seinen Finanzbeitrag in voller Höhe geleistet, viele Länder sind hingegen im Verzug. Eine aktuelle Umfrage im Auftrag des Ministeriums hat ergeben, dass 39 Prozent der Eltern von Kindern im Krippenalter sich einen Betreuungsplatz wünschen. Bis jetzt gibt es aber nur für 23 Prozent der Kleinkinder ein entsprechendes Angebot.

Das Missverhältnis ist in den alten Bundesländern besonders groß. Dort liegt die Betreuungsquote mittlerweile bei durchschnittlich 17,4 Prozent (2006 waren es 8,0 Prozent). Im Osten hingegen gibt es für fast die Hälfte der Kleinkinder Krippenplätze. In Baden-Württemberg werden zurzeit 18,4 Prozent der Kinder unter drei in einer Krippe oder von einer Tagesmutter betreut, in Sachsen-Anhalt sind es 56 Prozent. Am schlechtesten ist das Angebot in Nordrhein-Westfalen (14 Prozent), Niedersachsen (15,9) und Bremen (16,2).

Nachholbedarf im Südwesten

Im Südwesten müssten bis 2013 noch 32.000 zusätzliche Plätze geschaffen werden. Das bisherige Tempo beim Ausbau der Betreuungsangebote wird laut Familienministerium aber nicht ausreichen, das anvisierte Ziel zu erreichen. Die neue Landesregierung wolle in diesem Bereich "massiv investieren", sagte eine Sprecherin der sozialdemokratischen Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer der StZ. Im Koalitionsvertrag versprechen SPD und Grüne, den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz "ohne Wenn und Aber" umzusetzen. Laut Bundesfamilienministerium wären in Baden-Württemberg 130 Millionen Euro erforderlich, um für ein Drittel der Kleinkinder Krippenplätze zur Verfügung zu stellen.

Die Kommunen stünden vor einer "Herkulesaufgabe, die wir ohne intensivere Finanzierung durch die Länder nicht leisten können", sagte Stephan Articus, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. Er verwies darauf, dass gerade in Großstädten der Betreuungsbedarf erheblich höher sei als die angepeilte Quote von 35 Prozent. Viele Länder müssten ihre "Schlagzahl verdoppeln". Articus bezifferte den Investitionsbedarf auf insgesamt sechs Milliarden Euro. Er prophezeite: "2013 wird es sicher Lücken geben."

Nach Angaben der Familienministerin wollen weit mehr als 95 Prozent der jungen Eltern ihren Nachwuchs im ersten Lebensjahr selbst betreuen. "Deswegen ist das Elterngeld so existenziell wichtig und erfüllt den überwältigenden Wunsch der Eltern", sagte Schröder. Die FDP hatte das Elterngeld jüngst infrage gestellt. Schröder selbst wird übrigens ohne Elterngeld auskommen müssen. Ministern und Staatssekretären steht diese Beihilfe nicht zu.