Die Polifant-Kitas in Stuttgart vergeben ihre Plätze per "Sozialauswahl". Allein die Aufnahme auf die Warteliste kostet 150 Euro.

Stuttgart - In Stuttgart fehlen allein im Krippenbereich 4400 Plätze. Viele Eltern melden ihren Nachwuchs deshalb bei mehreren Kitas an, um somit die Chance auf einen Platz zu erhöhen. Besonders begehrt sind Tagesstätten mit langen Öffnungszeiten und flexiblem Betreuungsangebot. Zu ihnen gehören auch die beiden Polifant-Kitas im Stuttgarter Osten und in Feuerbach. Dort können die Kinder zwischen 7 und 19 Uhr betreut werden. Doch wer sich bei dem privaten Träger auf die Warteliste setzen lassen will, wird erst mal zur Kasse gebeten.

 

Die Polifant gGmbH verlangt dafür eine Aufnahmekaution in Höhe von 150 Euro. Davon erhalten die Eltern 130 Euro zurück, sobald das Kind tatsächlich einen Platz erhält oder wenn sie ihren Wunsch nach einer Aufnahme schriftlich kündigen. 20 Euro behält die Einrichtung als Bearbeitungsgebühr ein – so oder so. Das schreckt viele Eltern ab. Auch Susanne Müller (Name geändert) sagt: „Ich habe mich entschlossen, die 150 Euro nicht zu bezahlen.“ Und dies, obwohl sie auch andernorts noch keine Zusage für einen Betreuungsplatz hat. Allerdings steht der errechnete Geburtstermin für ihren Nachwuchs erst in wenigen Wochen an.

Michaela Nowraty, Geschäftsführerin von Polifant, hält die Kaution, die die Kita seit drei Jahren verlangt, jedoch für eine gute Sache. „Seit wir diese Aufnahmegebühr haben, erhalten wir nur noch ernst gemeinte Anmeldungen.“ Aktuell stehen 175 Eltern auf der Warteliste für einen der 55 Plätze (davon 25 Krippenplätze) in der Neckarstraße und 80 Plätze (davon 60 Krippenplätze) in der Heilbronner Straße. Nowraty sagt: „Wenn ich mein Kind in einer Kita anmelde, für die ich mich wirklich interessiere, dann bringe ich das Geld auch auf.“ Früher hätten sich viele Eltern mehrfach beworben, aber nicht abgesagt, wenn sie anderswo einen Platz bekommen hatten. Damals seien bis zu 400 Kinder auf der Warteliste gestanden.

Polifant macht eine "Sozialauswahl"

„Jetzt haben wir eine genaue Übersicht über den echten Bedarf“, argumentiert die Geschäftsführerin. „Deshalb planen wir jetzt weitere Kitas.“ Neben einer Erweiterung in der Heilbronner Straße seien zum kommenden Herbst zwei neue Einrichtungen in Zuffenhausen mit mindestens 80 Plätzen und in Hedelfingen mit rund 55 Plätzen vorgesehen. Beide seien – wie auch die Heilbronner Straße – in Penthäusern von Bürogebäuden mit großzügigen Dachgärten untergebracht. „Denn es fehlt in Stuttgart an geeigneten Gebäuden mit Grünflächen“, sagt Nowraty.

Im Unterschied zu den meisten anderen Kitas spielt bei Polifant der Wohnbezirk der Familie bei der Platzvergabe keine Rolle. „Wir machen eine Sozialauswahl“, so Nowraty. Auch Bonuscard-Kinder seien willkommen. Allerdings verlangt die Einrichtung von den Eltern, sich wegen der Gebührenerstattung direkt an die Stadt zu wenden. Bei der Aufnahmekaution gebe es allerdings keine soziale Staffelung.

Für das Jugendamt als städtischen Kitaträger kommt eine Aufnahmegebühr jedoch nicht infrage. „Wir haben daran bisher nie ernsthaft gedacht“, berichtet die Jugendamtsprecherin Daniela Hörner. „Wir haben 10.000 Plätze, das lässt sich kaum darstellen.“ Der Verwaltungsaufwand wäre zu hoch, „und die Bonuscard-Kinder kann man ja gar nicht belasten“. Auf der anderen Seite hat es die Stadt bis heute nicht geschafft, ein vernünftiges System für den Abgleich der Wartelisten zu installieren. Denn auch der, räumt Hörner ein, sei „ein wahnsinniger Aufwand“.