Jericho im Espan: 60 Kinder studieren im Herbstferienprogramm der Wichernkirche ein biblisches Musical ein. Am Samstag und Sonntag, 7. und 8. November, führen sie das Stück an zwei Orten auf.

Bad Cannstatt - Kaum ist das gemeinsame Frühstück beendet, schon strömen die Kinder wie ein zielstrebiger Schwarm in den Kirchensaal. Laut, und dann noch lauter begrüßen sie im Chor Olaf Creß, den Pfarrer der Gemeinde. Creß projiziert eine große Landkarte auf die Wand: „Wo ist Deutschland? Wo ist Jericho? Und über welches Meer muss man fahren, um nach Jericho zu kommen?“ Jericho ist wichtig, denn dort spielt die Geschichte, die die 60 Kinder im Laufe der Woche einüben: Gesang, Schauspiel, Tanz, begleitet von Julia Schmid am Klavier. Die junge Pianistin findet es „eine gute Idee, wie die Kinder da eine ganze Ferienwoche aufgeräumt und damit beschäftigt sind, in kurzer Zeit ein ganzes Musical einzuüben“. Und jetzt, am Beginn des zweiten Tages, weiß sie: „Das wird was! Die Kinder sind voller Eifer bei der Sache.“

 

Erst mal locker machen! Und schön das tiefe Atmen üben! Der Kantor Andreas Retzer lässt ein imaginäres Seil schwingen, auswerfen, wieder einholen. Dann geht es los mit dem ersten Lied: „Blindfische“, ein fieses Spottlied, schön rhythmisch. Und ein bisschen dürfen die Kinder dabei sogar rappen: „Du bist der Verlierer, bei uns zählt nur der Sieger! Hier, in Jericho!“ Jetzt aber kommt ein leises, melodisches Lied, „Avas Tanzlied“. Greta, zehn Jahre alt, gefällt das besonders: „Weil Ava den Bartimäus tröstet, und weil sie zusammenhalten.“

Das Happy End: die Heilung durch Jesus

Und Bartimäus hat Trost wahrlich nötig. Er ist ein ganz normaler Junge, der gerne Fußball spielt. Doch dann sieht und spielt er immer schlechter. Schließlich erblindet er. Basis des Musicals aus der Feder von Frank Kampmann ist also die biblische Bartimäus-Geschichte. Und bis zum Happy End, der Heilung durch Jesus, hat die Gruppe im Alter von fünf bis zehn Jahren noch eine Menge Arbeit vor sich.

Nebenan übt Gabriele Brauchle mit acht Mädchen Avas Tanz. Fest drücken sie die Handflächen aneinander, gehen langsam im Kreis, flüstern die Zählformel der Schritte, finden sich wie ein Blumenkelch in der Mitte: „Du bist niemals allein!“ Einmal links, einmal rechts gedreht, ein Seitgalopp – und dann noch einmal mit Musik. Auch das geht schon ganz gut.

„Letzte Jericho-Trompeten nur hier!“

Noch ganz am Anfang ist das Dutzend junger Schauspieler: „Wir hatten ja erst gestern die Rollenverteilung“, erklärt Margarete Russ-Schmieder, „aber das ging sehr harmonisch.“ Im Werkraum machen Pierre-Niklas, Marek und Matthis, alle 13 Jahre alt, eine Pause. Sie haben mit Wasserfarben Postkartenmotive gemalt, die per Projektion als Kulisse dienen: „Letzte Jericho-Trompeten nur hier!“ etwa. Gleich gehen sie rüber zum Tischdecken, denn aus der Küche duftet es schon nach frisch gebratenen Hamburgern.

„Stimmt, das ist einiger Aufwand. Wir machen das seit zwölf Jahren“, erzählt Pfarrer Olaf Creß, „und es ist jedes Mal schön zu sehen, wie das hier Hand in Hand geht und wie die Gemeinde ein so großes Projekt schultert. Wir wollen übers Musical auch christliche Werte vermitteln, und die Kinder erleben eine schöne Gemeinschaft.“

Die Kinder tauchen in das Gefühlsleben der Figuren ein

Andreas Retzer ist glücklich „ein schönes neues biblisches Musical“ gefunden zu haben: „Es ist eine spannende Geschichte, bei der die Kinder in das Gefühlsleben der Figuren eintauchen können. Es geht dabei um Mitgefühl und Gottvertrauen.“ Wie die Arbeit mit den Kindern ist? „Wunderbar! Ich stelle mich hin, und es geht wie von alleine. Die Kinder sind so unkompliziert und begeisterungsfähig. Mir macht das sehr viel Freude. Ich glaube, den Kindern auch“, sagt er.

Aufführung:
Das Kindermusical wird zweimal aufgeführt: am Samstag, 7. November, 16 Uhr, im Anna Haag-Mehrgenerationenhaus, Martha-Schmidtmann-Straße 16, und am Sonntag, 8. November, 16 Uhr, in der Wichernkirche, Theodor-Veiel-Straße 108.