Eine Millionen Euro kostet es, den Filderdom in Neuhausen zu sanieren und die schlimmsten Bausünden aus den 1960er-Jahren zu beseitigen.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Finster ist es in der Kirche St. Petrus und Paulus, dabei sollte es doch hell und festlich sein. Das findet nicht nur der Neuhausener Pfarrer Alfred Kirsch, sondern auch seine Kirchengemeinde. Deswegen investiert sie mehr als eine Million Euro, um die Ortskirche zu renovieren. Ein Jahr lang bleibt sie dafür geschlossen, die Gottesdienste werden dann im Gemeindehaus gefeiert.

 

Wer genau hinschaut, der sieht, dass die Gitter der romanischen Fenster in Form eines Krummstabs gebogen sind. Hier haben die Restauratoren augenzwinkernd den Spitznamen des Gotteshauses in die Fassade eingelassen. Filderdom nennt man die mächtige Ortskirche, in deren Mauern jeder Neuhausener Katholik einen Platz haben könnte, so groß ist sie. Es ist ein Spitzname, denn ein Dom bezeichnet die Kirche eines Bischofs. Dabei kommt der Spitzname nicht von ungefähr: Es wird berichtet, dass einst ein Pfarrer namens Schott auf Wunsch des Württembergischen Königs hätte Bischof in Rottenburg werden sollen. Doch die Kirche ließ sich nicht in die Suppe spucken, sondern bestimmte den Bischof selbst. Als Entschädigung wurde der schmählich geschasste Pfarrer geadelt, und der König bezahlte ihm die größte Ortskirche weit und breit.

Die Gemeinde will die Finsternis bekämpfen

Doch große Kirchen verursachen auch große Kosten, und der Gemeinde ist es jetzt wichtig, die Bausünden der vergangenen Jahrzehnte etwas abzumildern. Die Renovierung in den 60er-Jahren hat von der neuromanischen Pracht nicht viel übrig gelassen, sondern das Gotteshaus dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend nackt, dumpf und finster umgestaltet.

Zumindest die Finsternis will die Gemeinde bekämpfen. Zunächst sollen die Bretter wegkommen, mit denen die Fensterrosetten vernagelt waren. Zudem sollen die über die Fenster gezogenen Dachziegel durch gläserne Dachplatten ersetzt werden. Eine Rosette ist bereits freigelegt und setzt einen Glanzpunkt in die ägyptische Finsternis des Dachstuhls.

Auch die elektrische Anlage muss erneuert werden. Denn es gibt zwar genügend Halogenlampen, doch diese fahren nur mit halber Kraft, sonst würden die Leitungen überlastet. Warm anziehen muss sich die Gemeinde auch, denn die Heizung muss dringend renoviert werden. Die neue Anlage soll künftig 20 Prozent Energie sparen, denn sonst gibt es keinen Zuschuss von der Diözese.

Die vierte wichtigste Änderung aber ist die Position des Altars, der aus einem riesigen Travertin-Stein gemeißelt ist. Er soll von der Wand des Chores weg und zurück zur Gemeinde an den Anfang des Mittelschiffs gerückt werden. Dahinter entsteht dann ein größerer Raum, den man für kleinere Gottesdienste nutzen könnte wie etwa Messen an den Werktagen oder Schülergottesdienste. Damit will die Kirchengemeinde dem Geist des zweiten Vatikanischen Konzils entsprechen, den Glauben mehr ins Zentrum zu rücken.

Im kommenden Frühjahr soll die Kirche frisch saniert sein

Weil ein Altar aber ein heiliger Gegenstand ist, muss er zuerst entweiht werden. Die Reliquien werden entfernt und dem Bischof wieder zurückgegeben. Der neue Altar soll kleiner werden, damit er sich besser in den Raum einfügt. „Vielleicht lässt sich dann auch ermitteln, von welchen Heiligen sie stammen“, sagt Alfred Kirsch, denn das sei inzwischen in der Gemeinde in Vergessenheit geraten. Kirsch schätzt, dass es Überreste von antiken römischen Märtyrern sind. Geweiht ist die Kirche den Aposteln Petrus und Paulus, doch von ihnen dürften keine Reliquien vorhanden sein.

Unter der Orgelempore steht ein großes Schauglas, dass bis zur 75 000 Euro Marke mit blauem Kies gefüllt ist. Das Spendenbarometer zeigt aber noch höher, denn die Gemeinde braucht etwa 210 000 Euro Spenden, um den Umbau zu finanzieren. Den Rest der eine Million Euro teuren Sanierung will die Kirche mit Eigenmitteln und einem Darlehen finanzieren.

Der vorerst letzte Gottesdienst im Filderdom wird am 30. April gefeiert werden, dann weichen die Gläubigen ins Gemeindehaus aus, die kleineren Gottesdienste werden in der Friedhofskapelle abgehalten. Im nächsten Frühjahr soll dann der Altar geweiht werden. Alfred Kirsch hofft, dass er das Osterfest bereits in den neuen Kirchenräumen begehen kann.