Wowereit ist einer, der von unten kommt, uneheliches Kind einer Frau, die nach seinen eigenen Worten heute zum Prekariat zählen würde. Er stieg auf ohne Seilschaften. Und er scheut die Konfrontation um der Macht willen nicht: Als erster Politiker outete er sich als schwul. Er tat es, weil es anderntags in der Zeitung gestanden hätte, das war auch so eine Krise, in der Klaus Wowereit sich einfach hingestellt hat und gemacht hat – um der Macht willen.

 

Eben dieser Charakterzug machte ihn in einer Krise zum Regierenden Bürgermeister, als die CDU über den Bankenskandal stürzte. Es war Klaus Wowereit, der kurz darauf der einst geteilten Stadt den Tabubruch einer rot-roten Koalition zumutete – und anschließend den berühmten „Mentalitätswechsel“ mitsamt einem Finanzsenator, der gegen Beamte und arme Leute hetzte und einem Sparkurs, den in dieser Stadt keine bürgerliche Koalition hätte durchsetzen können. Mit seinen Bürgern geht er in den In-Fight: wird er angepflaumt, dann bleibt er stehen – und argumentiert und argumentiert. Bisher hat der starke Mann der SPD damit noch jede Stimmung gedreht: zuletzt war das vor einem Jahr so, als die Grünen nach ihrem Höhenflug in den Umfragen glaubten, sie könnten die Regierende Bürgermeisterin in einer grün-roten oder einer grün-schwarzen Koalition stellen. Nun sitzen sie auf der Oppositionsbank.

Die Berliner lieben ihn nicht mehr

Aber jetzt, seit dem Flughafen, macht der Sonnenkönig eine neue Erfahrung: seine Berliner lieben ihn nicht mehr. Im Juli brachen seine Umfragewerte ein – von der Spitze der Beliebtheitsskala sackte Wowereit auf Platz neun, vor ihm lagen Leute, die in der Stadt nicht mal jeder Dritte kennt. Was noch schwerer wiegt: zum ersten Mal legen die Umfragen den Schluss nahe, dass Wowereit seiner SPD nicht nützt, sondern schadet. Die Partei ist auf 26 Prozent abgesackt.

Und nun? Götterdämmerung? Es sah ein bisschen so aus. Es war die Häme, dieser republikweite Spott über die Nichtshinkrieger in Berlin, die Wowereit etwas ausmachte. Nie hatte ihn das Klischee vom „Regierenden Partymeister“, der sich nicht um seine Stadt kümmere, ernsthaft beschwert. Aber das Bild, wonach er sich als mäßig fleißiger Hedonist um den Flughafen nicht genug gekümmert habe, das fuchst Klaus Wowereit. Wenn man Beobachtern aus dem Aufsichtsrat glaubt, die dem SPD-Mann nicht mal unbedingt wohlgesinnt sind, dann stimmt es nicht. Er sei immer genau informiert gewesen, er habe die Geschäftsführung mit seinen Nachfragen so drangsaliert, dass es Zuhörern fast peinlich gewesen sei, wird erzählt.

Natürlich ist Klaus Wowereit verantwortlich. Er ist Regierungschef, er ist der Aufsichtsratsvorsitzende der Flughafengesellschaft. Vor allem aber hat er den Flughafen zum zentralen Projekt der politischen Ära Wowereit gemacht – einem Projekt, das nicht anders konnte, als verwirklicht zu werden. Das dachten jedenfalls alle. Nun hat die Gleichung andere Vorzeichen bekommen: Scheitert das Projekt, dann ist auch Wowereit gescheitert. Es ist nicht so, dass er in seiner politischen Karriere keine Erfahrung mit Krisen gemacht hätte. Im Gegenteil. Der 58-Jährige ist einer, der Krise kann. Manchmal denkt man, erst mit ordentlich Druck macht ihm Politik so richtig Spaß. Dann kann man seinen sehr bestimmten, von Zweifeln unangefochtenen Machtwillen spüren. Einer, der ihn zehn Jahre lang im rot-roten Senat erlebt hat, berichtet von der Lust des Regierungschefs an der Auseinandersetzung. „Er ist im Detail informiert und kennt die Akten genau – und es bereitet ihm Freude, sein Gegenüber im Zweifelsfall kurz und klein zu machen.“ Der Mann gewinnt gern.

Wowereit kommt von unten

Wowereit ist einer, der von unten kommt, uneheliches Kind einer Frau, die nach seinen eigenen Worten heute zum Prekariat zählen würde. Er stieg auf ohne Seilschaften. Und er scheut die Konfrontation um der Macht willen nicht: Als erster Politiker outete er sich als schwul. Er tat es, weil es anderntags in der Zeitung gestanden hätte, das war auch so eine Krise, in der Klaus Wowereit sich einfach hingestellt hat und gemacht hat – um der Macht willen.

Eben dieser Charakterzug machte ihn in einer Krise zum Regierenden Bürgermeister, als die CDU über den Bankenskandal stürzte. Es war Klaus Wowereit, der kurz darauf der einst geteilten Stadt den Tabubruch einer rot-roten Koalition zumutete – und anschließend den berühmten „Mentalitätswechsel“ mitsamt einem Finanzsenator, der gegen Beamte und arme Leute hetzte und einem Sparkurs, den in dieser Stadt keine bürgerliche Koalition hätte durchsetzen können. Mit seinen Bürgern geht er in den In-Fight: wird er angepflaumt, dann bleibt er stehen – und argumentiert und argumentiert. Bisher hat der starke Mann der SPD damit noch jede Stimmung gedreht: zuletzt war das vor einem Jahr so, als die Grünen nach ihrem Höhenflug in den Umfragen glaubten, sie könnten die Regierende Bürgermeisterin in einer grün-roten oder einer grün-schwarzen Koalition stellen. Nun sitzen sie auf der Oppositionsbank.

Die Berliner lieben ihn nicht mehr

Aber jetzt, seit dem Flughafen, macht der Sonnenkönig eine neue Erfahrung: seine Berliner lieben ihn nicht mehr. Im Juli brachen seine Umfragewerte ein – von der Spitze der Beliebtheitsskala sackte Wowereit auf Platz neun, vor ihm lagen Leute, die in der Stadt nicht mal jeder Dritte kennt. Was noch schwerer wiegt: zum ersten Mal legen die Umfragen den Schluss nahe, dass Wowereit seiner SPD nicht nützt, sondern schadet. Die Partei ist auf 26 Prozent abgesackt.

Und nun? Götterdämmerung? Es sah ein bisschen so aus. Es war die Häme, dieser republikweite Spott über die Nichtshinkrieger in Berlin, die Wowereit etwas ausmachte. Nie hatte ihn das Klischee vom „Regierenden Partymeister“, der sich nicht um seine Stadt kümmere, ernsthaft beschwert. Aber das Bild, wonach er sich als mäßig fleißiger Hedonist um den Flughafen nicht genug gekümmert habe, das fuchst Klaus Wowereit. Wenn man Beobachtern aus dem Aufsichtsrat glaubt, die dem SPD-Mann nicht mal unbedingt wohlgesinnt sind, dann stimmt es nicht. Er sei immer genau informiert gewesen, er habe die Geschäftsführung mit seinen Nachfragen so drangsaliert, dass es Zuhörern fast peinlich gewesen sei, wird erzählt.

Keine geniale Lösung

Anfang Juni versetzte ihm dann auch noch seine SPD einen Schlag in die Magengrube: Der Wowereit-Mann Michael Müller wurde abgewählt, stattdessen führt nun der Linke Jan Stöß die Partei – und will, gemeinsam mit dem Fraktionschef Raed Saleh, der SPD zu einem klaren linken Profil verhelfen, das durchaus konträr zur Senatslinie liegen kann. Für Klaus Wowereit ist das neu: Die Zeit der Durchregierens ist vorbei, er braucht nun Unterstützung. Über den Sommer begann ein Geraune. Wird er diese Rolle annehmen? Kann es sein, dass er irgendwann nicht mehr will? Macht er den Ole von Beust? Beim Koalitionspartner CDU fing man an, sich Gedanken darüber zu machen, was passiere, wenn Wowereit die Brocken hinschmeiße. Die Christdemokraten können nach einem Jahr kein Interesse am Ende der Koalition haben. Verschärft wurde beobachtet, wer sich in der SPD in Stellung bringt. Es ist Wowereits Glück, dass sich da keine geniale Lösung aufdrängt. Natürlich wird auch überlegt: Was könnte den politischen Druck so erhöhen, dass er zurücktreten muss? Eine erneute Verschiebung des Eröffnungstermins? Das sieht nicht einmal die Opposition so.

Klaus Wowereit geht an diesem Sommerabend durch den Garten eines Restaurants am Reichstag. Die SPD-Fraktion hat zu einem Fest eingeladen. Es wird spät. Weit nach Mitternacht sitzt Wowereit an einem Tisch, umringt von Journalisten und Parteifreunden. Er streitet, er argumentiert. Die Sommerpause ist zu Ende, da läuft sich einer warm. Am Donnerstag wird er eine Regierungserklärung abgeben. Es geht, natürlich, um den Flughafen. Und der wird, wann auch immer, von Klaus Wowereit eröffnet werden.