Zu den Pflichten jedes Wissenschaftlers gehört die Offenheit für Überraschungen. Wer sich nicht immer wieder selbst hinterfragt, läuft Gefahr, von der Natur ausgetrickst zu werden. Es ist leicht, in den Messdaten das zu sehen, was man dort sehen möchte. Wissenschaftler müssen daher auf Vielfalt setzen und dürfen Erkenntnisse nur akzeptieren, wenn sie von verschiedenen Forschergruppen bestätigt werden. Und selbst dann kann ein unkonventioneller Kopf wie Albert Einstein noch das Fach aus den Angeln heben.

 

Dieses Argument wird oft vorgebracht, um kritische Fragen aus Öffentlichkeit und Medien zu begründen. Wenn die Wissenschaft selbstsicher auftritt, wie es etwa die Klimaforschung tut, erinnert man sie daran, dass ihr Theoriengebäude im nächsten Moment einstürzen könnte. Doch man darf das nicht übertreiben. Wissenschaftliche Revolutionen sind erstens selten, und sie kündigen sich zweitens an. Zu Einsteins Zeiten war die Verunsicherung der Physiker mit Händen zu greifen. Manches Experiment war spektakulär gescheitert, und einige Kollegen hatten schon radikale Theorien entworfen, um sich das zu erklären.

Auch in der Klimaforschung gibt es offene Fragen. Doch der Zusammenhang zwischen Treibhausgasen und Temperaturanstieg ist zuverlässig ermittelt worden. Wer hier kritische Fragen stellen möchte, sollte mehr bieten als den Hinweis, dass Selbstkritik wichtig ist. Der Philosoph Karl Popper hat dazu dieses Bild geprägt: Die Wissenschaft errichte Theoriengebäude gewissermaßen in sumpfigem Gelände. Sie müsse dazu die Pfeiler sehr tief in den Boden rammen – aber nicht bis zum eventuellen felsigen Grund, sondern gerade so tief, dass das Gebäude solide steht. (Die Passage aus Poppers Buch „Logik der Forschung“ wird zum Beispiel hier zitiert.)