Die städtischen Rechnungsprüfer müssen Vorgänge im Stuttgarter Klinikum untersuchen – aber sich auch selbst hinterfragen, kommentiert StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - Die Stadt Stuttgart und das Klinikum sind fraglos mit Privatpatienten aus dem Nahen Osten seit der Gründung der International Unit gut gefahren. Es stärkt die Einnahmenseite des defizitären Eigenbetriebs und die Auslastung seiner Infrastruktur. Auch die Hotels, Restaurants, der Einzelhandel und so mancher Vermieter möblierter Wohnungen in bester Citylage profitieren in beträchtlichem Umfang von diesem Patiententourismus. Die Zahl der Kranken aus dem Morgenland ist aber offenbar nicht so groß, dass man den organisatorischen Aufwand nicht bewerkstelligen könnte. Jedenfalls ist den städtischen Rechnungsprüfern in dieser Hinsicht bisher noch nichts aufgefallen.

 

Die Sinnfrage hat sich nicht gestellt

Mit der humanitären Aktion, mehr als 370 Kriegsversehrte binnen eines Jahres in verschiedenen Kliniken zu behandeln und sie von Stuttgart aus organisatorisch zu leiten, war die International Unit aber ganz offensichtlich heillos überfordert. Und zwar nicht, weil man Operationen oder Nachsorge nicht auf die Reihe bekommen hätte. Ursächlich für den Schaden in Millionenhöhe sind die Probleme bei der Abrechnung der „Regiekosten“. Es mutet schon abenteuerlich an, dass der Vermittler hunderttausende von Klinikkonten abgebuchte Euro im Aktenkoffer durch die Stadt spazieren gefahren hat, damit Libyer auf ihren Hotelzimmern sechsstellige Summen portionieren. Völlig unverständlich ist aber, dass die Verwaltung nicht auf die Idee gekommen ist, täglich Zahlungseingänge und -ausgänge zu vergleichen und beim kleinsten Defizit dem libyschen Botschafter mit Behandlungsstopp zu drohen. Stattdessen wurden selbst ohne Gegenleistung munter weiter Hotels, Flüge und das VVS-Ticket bezahlt. Abgesehen davon hätte man schon allein deshalb sehr früh die Sinnfrage stellen können, da nicht wenige Patienten Probleme mit der Polizei hatten, nachdem sie die Schnapsregale in den Supermärkten geleert hatten.

Und die Rathausspitze schweigt zu den Vorgängen

Auf den Bericht der Rechnungsprüfer darf man in mehrerlei Hinsicht gespannt sein: Erklären sie ihre Fehleinschätzungen im Zwischenbericht – dass das Klinikum die Hotels bezahlt hat und nicht der Vermittler sollte mittlerweile in Erfahrung gebracht worden sein. Werfen Sie den Klinikumschefs Versagen vor, für das spricht, dass Verträge offenbar nicht mehr auffindbar waren – und welche Konsequenzen drohen ihnen? Und wie wird final das Vertragsverhältnis des Vermittlers Nabel Abu-Rikab bewertet, der sagt, er sei nicht Täter, sondern ein über alle nötigen Quittungen und Verträge verfügendes Opfer von Klinikverantwortlichen, die auf seine Kosten ihre Haut retten wollen? Zu all diesen Fragen schweigt sich die Rathausspitze seit längerem aus – es ist nicht das erste Mal.