Der Ausschank Ost schließt an Silvester nach knapp vier Jahren. Das Gebäude soll abgerissen werden.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stöckach - Ursprünglich wollten Malte Reinisch und Dominik Raiser nur ein halbes Jahr im Stuttgarter Osten bleiben. Genauer gesagt: in ihrer kleinen Kneipe, dem Ausschank Ost. Insgesamt wurden dann dreieinhalb Jahre daraus. Doch an Silvester ist nun endgültig Schluss. Der Pachtvertrag der beiden Kneipenbesitzer läuft zum Ende des Jahres aus; im Sommer hat der Hausbesitzer gewechselt. „Er hat uns gesagt, dass er dort etwas Neues bauen möchte“, sagt Dominik Raiser.

 

Drei Jahren sind genug

Für die beiden 31-jährigen Besitzer des Ausschank Ost ist es am Ende eigentlich ein Wink des Schicksals. „Wir wollten nach den mehr als drei Jahren etwas anderes machen“, sagt Reinisch, der einst Grafikdesigner gelernt hat. Seine künstlerische Ader lebte er im Ausschank Ost bei der Gestaltung der Wände aus. Die grellbunten Tapeten hat er immer selbst gestaltet; alle paar Wochen gab es eine neue.

Was die beiden genau machen werden, wissen sie nicht. In der Gastroszene zu bleiben, kann sich Malte Reinisch aber gut vorstellen. „Wir haben aber noch nichts Konkretes.“ Ein neues Projekt – eventuell auch in einer anderen Stadt – können beide sich gut vorstellen. „Mir schwebt etwas Größeres vor, wo wir auch lauter sein können“, sagt Reinisch. Der Nachteil an ihrer Location: Mehr als eine Bar mit Lounge-Atmosphäre konnten die beiden Jungs aus dem Ausschank Ost nicht machen. Die Kneipe befindet sich an der Neckarstraße und damit mitten in einem Wohngebiet.

Dominik Raiser wiederum fand genau das ganz schön. In der heimeligen Atmosphäre sei es eine schöne Art zu feiern gewesen. „Wir waren im Osten halt die bunten Vögel.“ Raiser arbeitet nebenbei als freier Kostümgestalter für Theater und pendelt zwischen Stuttgart und Dresden.

Die beiden Männer reizt ein neuer Raum oder eine Location, bei der sie optisch experimentieren können. Beide wollen auf jeden Fall etwas Neues machen. Allerdings haben Reiser und Reinisch inzwischen gemerkt, dass so eine Kneipe nicht nur Spaß ist. „Da steckt mehr Arbeit drin als wir anfangs dachten“, sagt Reinisch. Den bürokratischen Aufwand hätten sie damals ziemlich unterschätzt. „Wir waren ungelernt, da muss man Lehrgeld zahlen“, ergänzt Reiser.

Das BWL-Praxissemester ist vorüber

Am Ende sind sie nun traurig und froh zugleich. Bei ihm überwiege momentan das Traurigsein, sagt Reinisch. „Wenn an Silvester konkret Schluss ist, wird das noch sehr emotional“, befürchtet der gebürtige Hamburger. Dennoch sei es eine sehr spannende Zeit gewesen. „Das war quasi unser BWL-Praxissemester“, sagt Reinisch. „Oh ja“, fügt Raiser hinzu.

Die Kneipe ist den Jungs ans Herz gewachsen – ihren Stammgästen auch. „Die sind tief betrübt“, sagt Reinisch. In der Nachbarschaft gebe es nicht viele Alternativen zum Ausschank Ost. Längst war die Kneipe weit über den Stuttgarter Osten hinaus in der Szene bekannt. Viele schätzen an ihm, dass er anders ist als die vielen Läden an der Theodor-Heuss-Straße oder am Hans-im-Glück-Brunnen. Warum das so ist, weiß Reinisch nicht. „Der Unterschied ist vielleicht auch, dass wir uns getraut haben, etwas im Osten zu machen“, meint Raiser. Das habe ihnen den Pionierstatus gebracht.

Beide bedauern es, dass andere Gastronomen so wenig experimentierfreudig sind. „Vieles von dem, was wir machen, ist betriebswirtschaftlich Schwachsinn, aber wir finden es geil“, sagt Reinisch. „Wir haben den Ausschank Ost nie als fertiges Ding gesehen, sondern haben viel probiert“, sagt Raiser. „Zumal wir nicht viel Geld hatten.“

An Silvester ist nun zum letzten Mal geöffnet. Andere Bars oder Klubs würden zum Abschied sicher groß feiern. Ob es im Ausschank Ost an Silvester noch einmal eine große Abschiedsparty gibt? „Nein, natürlich nicht“, sagt Reinisch. „Ähm nö“, sagt auch Raiser. „Da haben wir ganz normal auf.“