Nach seinem Jagdausflug nach Botsuana wird es Spaniens König Juan Carlos schwer haben, das Vertrauen der Spanier zurückzugewinnen.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Madrid - Das spanische Königshaus versucht, Normalität zu demonstrieren. König Juan Carlos, der am Mittwoch nach einer Hüftoperation aus dem Krankenhaus entlassen wurde, traf sich am Freitag Nachmittag zum Gedankenaustausch mit dem spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy. Sein Sohn, Kronprinz Felipe, hatte einen Termin mit dem indischen Außenminister und speiste anschließend mit spanischen Schriftstellern und Verlegern. Königlicher Alltag. Doch hinter den Kulissen herrscht Nervosität.

 

Die jüngste Krise der spanischen Monarchie ist noch lange nicht ausgestanden. Ausgelöst wurde sie durch den Ausflug des 74-jährigen Königs nach Botsuana, wo er vergangene Woche auf Elefantenjagd ging – und sich in seiner Unterkunft die Hüfte brach. Juan Carlos hat auch früher schon gern Großwild gejagt. Bisher war das den meisten Spaniern ziemlich egal. Doch dieses Mal ist alles anders.

Große Parteien geben sich mit der Entschuldigung zufrieden

Die Ursache des Aufruhrs ist vielfältig. Die entscheidende Rolle spielt die schwere Wirtschaftskrise, die Spanien seit vier Jahren durchmacht. Es sieht nicht gut aus, wenn der König auf Luxusreise geht, während viele Spanier nicht wissen, wie sie finanziell über die Runden kommen sollen. Hinzu kommt die Symbolkraft der Bilder: Den König vor einem abgeschossenen Elefanten zu sehen, das verletzt die Sensibilität seiner Landsleute. Außerdem steckt die Monarchie schon aus anderem Grund in der Krise: Gegen den königlichen Schwiegersohn Iñaki Urdangarin wird gerade wegen schwerer Korruptionsvorwürfe ermittelt, auch in dieser Geschichte soll Juan Carlos keine gute Rolle gespielt haben. Ein gefährlicher Cocktail negativer Nachrichten.

Am Mittwoch bat der König die Spanier für seinen Fehltritt vor laufender Kamera um Entschuldigung – eine beispiellose Geste. Die großen Parteien und führenden Medien gaben sich mit dieser Entschuldigung zufrieden. „Es ist nur gerecht, die Leistungen des Königs anzuerkennen und seinen jahrelangen Einsatz für den Fortschritt Spaniens”, sagte der Regierungschef Rajoy. Doch das reicht den meisten Spaniern nicht mehr. Sie wollen einen vorbildlichen König, der sich nicht auf seinen Meriten der Vergangenheit ausruht.

Immer mehr Spanier fordern die Rückkehr zur Republik

Die deutlichste Kritik an Juan Carlos wird in den kleinen Parteien und im Netz laut. Noch nie in der 36-jährigen Geschichte der aktuellen spanischen Monarchie haben so viele Menschen die Rückkehr zur Republik oder zumindest die Abdankung des jetzigen Königs zugunsten seines Sohnes Felipe gefordert. Es ist wie ein Dammbruch: als könne endlich offen gesagt werden, was viele schon lang in ihrem Herzen tragen. Schließlich ist die Monarchie ein Erbe des Diktators Francisco Franco, der Juan Carlos zu seinem Nachfolger bestimmte. Eine historische Anomalität.

Der Chef der Vereinten Linken, Cayo Lara, schon immer ein überzeugter Republikaner, sagte am Freitag im Fernsehen, dass das spanische Königshaus noch nie derart beschädigt gewesen sei wie jetzt. Und er fügte hinzu: „Es gibt viele Leute, die daran arbeiten, dass der König abdankt.“ Ob das stimmt, lässt sich zurzeit nicht bestätigen. Aber glaubwürdig ist diese Einschätzung.

Es ist, als habe sich Juan Carlos mit seiner Elefantenjagd selbst zum Abschuss freigegeben. Was bisher nur Thema unseriöser Klatschmedien war, sickert – wenn auch mit aller Vorsicht – langsam zu den großen Medien durch: sein Privatleben. Es gibt in Spanien die gute Tradition, nicht in königlicher Bettwäsche zu wühlen, doch diese Tradition wird nun gebrochen. Selbst die sehr staatstragende Tageszeitung „El País“ erwähnt in einem Artikel eine langjährige Freundin des Königs, die deutsche Unternehmerin Corinna zu Sayn-Wittgenstein, die mit auf Safari gewesen sein soll, während Königin Sofía zuhause blieb. Das geht zwar niemanden etwas an – aber Juan Carlos, der das Gespür dafür verloren hat, was geht und was nicht geht, wird von seinen Landsleuten nicht mehr mit dem Respekt behandelt, die ihm wie jedem anderen gewöhnlich zustehen würde.