Die Schulgemeinschaft des Königin-Charlotte-Gymnasiums hat 4863 Stimmen für den Vorschlag bekommen, dass die Physik- und Chemieräume saniert werden. Damit hat das KCG den ersten Platz im Bürgerhaushalt errungen.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)
Möhringen – - Alle haben an einem Strang gezogen: die Lehrer, die Eltern und vor allem die Schüler. Wir haben die Lehrerin Bettina Jurich und den Elternbeiratsvorsitzenden Andreas Jonischkeit gefragt, wie sie den Erfolg bewerten.
Frau Jurich, Herr Jonischkeit, haben Sie mit diesem Ergebnis gerechnet?
Bettina Jurich: Nein. Ich hatte auf über 2000 Unterschriften gehofft. Und von 2500 geträumt. Dass es knapp unter 5000 werden, hätte ich nicht gedacht. Vielen Dank unseren unglaublich fleißigen Schülerinnen und Schülern. Ich bin ganz stolz auf sie! Andreas Jonischkeit: Mit Platz 1 habe ich absolut nicht gerechnet. Am meisten aber freut es mich, dass die Schülerinnen und Schüler sich mit dem Projekt identifizieren und in jeder freien Minute Unterschriften gesammelt haben. Chapeau! Damit haben sie sich selber die besten Voraussetzungen für einen Erfolg des Projektes erarbeitet!
Wie konnten Sie diesen Erfolg erzielen?
Jurich: Wilde Entschlusskraft nach vielen Jahren Unterricht in maroden Räumen unter unzumutbaren Umständen. Wir planen seit drei Jahren sehr konkret an den neuen Räumlichkeiten und müssen jetzt wirklich bauen. Sonst war die gesamte investierte Zeit umsonst. Daher waren wir wild entschlossen, möglichst viele KCGler zu mobilisieren. Ich glaube diese Entschlossenheit war ansteckend.
War es schwer, die Schüler zu motivieren?
Jurich: Nein, es gab eine hohe Eigenmotivation. Sie verbringen einen großen Teil ihres Lebens an „ihrer“ Schule und haben ein Recht darauf, sich dort wohl zu fühlen. Dazu tragen verschiedene Faktoren bei. Zunächst ein qualitativ guter Fachunterricht – dazu trifft man sich ja in der Schule. Ebenso wichtig ist die pädagogische Grundstimmung an der Schule – Probleme müssen wahrgenommen und angegangen werden, Positives muss gesehen und wertgeschätzt werden.
Herr Jonischkeit, warum ist die Modernisierung der Physik- und Chemieräume Ihnen als Elternvertreter ein Anliegen?
Jonischkeit: Unsere Physik- und Chemieräume sind nach 40 Jahren so veraltet, dass sie Bestandsschutz genießen müssen, um nicht sofort geschlossen zu werden. Gruppenarbeit ist nicht möglich. Die Räumlichkeiten werden nur noch eingeschränkt genutzt. Wir leben in einer Gesellschaft mit einem hohen Bildungsstand, höchsten technischen Ansprüchen und besten Qualitätssicherungen. In einer solchen Gesellschaft haben unsere Kinder ein Recht auf eine adäquate Ausbildung. In den Fächern Physik und Chemie kann der heutige Wissensstand mit Hilfe neuer Methoden viel anschaulicher und besser vermittelt werden. In einem zeitgemäßen Bildungssystem ist das selbstständige Experimentieren in Kleingruppen ein wichtiger Bestandteil. Wissensvermittlung war noch nie so einfach wie heute. Um die zur Verfügung stehenden Lernmittel und -methoden auch nutzen zu können, benötigen wir entsprechende Räumlichkeiten, die nun hoffentlich geschaffen werden.
Und warum ist es Ihnen, Frau Jurich, als Abteilungsleitung ein Anliegen, dass die Fachräume modernisiert werden?
Jurich: Wenn man sich Gedanken um neue Räumlichkeiten mit optimaler fachspezifischer und medialer Ausstattung macht, entwickelt man irgendwann gemeinsam Visionen, wie ein zeitgemäßer Unterricht aussehen könnte, wenn er nicht ständig an den unzureichenden Räumlichkeiten scheitern würde. Dieser Prozess setzt viel Kreativität frei. Unterricht und Unterrichtsplanung machen dann gemeinsam Freude. Diese Möglichkeiten erhöhen die Berufszufriedenheit ungemein, dieses Gefühl kommt auch bei den Schülern sehr positiv an.
Geht es auch um das Thema Gesundheit?
Jurich: Wir sind rechtlich verpflichtet, auf Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Schule zu achten. Nicht nur Schüler sollten genauso gesund aus der Schule hinausgehen, wie sie hineingegangen sind. Das Gleiche gilt auch für die Lehrkräfte, die viel Lebenszeit an der Schule verbringen. Unterrichtet man die Fächer Physik und Chemie, unterrichtet man entsprechend oft in den Dunkelräumen. Das geht irgendwann auf die Gesundheit. Insbesondere wenn sich trotz jahrelanger Proteste nichts tut. Und wenn Schülerinnen und Schüler gern lernen – und das tun sie in neuen Räumen – das macht doch allen viel mehr Spaß!
Herr Jonischkeit, wie hoch schätzen Sie die Chancen ein, dass die Modernisierung der Fachräume nun tatsächlich in Angriff genommen wird?
Jonischkeit: Aus mehreren Gründen rechne ich fest mit einer Bereitstellung der finanziellen Mittel. Aber noch haben wir unser Ziel nicht erreicht, darum werden wir am Ball bleiben. Jetzt gilt es, Gespräche mit den Fach- und Sachverständigen in den Fraktionen zu führen, damit alle bei der Abstimmung gegen Ende des Jahres mit gutem Gewissen mit Ja stimmen können. Betrachten wir es sportlich: Die Schulleitung und das Kollegium haben realistische Ziele mit fertigen Plänen abgesteckt und damit den Ball ins Spiel gebracht. Die ganze Schulgemeinschaft und allen voran die Schüler haben den Ball aufgegriffen und mit großem Einsatz bis vors Tor gespielt. Jetzt hat der Gemeinderat die schöne Aufgabe, das Tor zu schießen. Wer wird sich da lumpen lassen? Wir hoffen sehr, dass unsere Stadträte nicht danebenschießen.
Fürchten Sie sich nun vor der Zeit der Umbauarbeiten?
Jurich: Wir Kolleginnen und Kollegen werden gemeinsam anpacken, ausräumen, Kartons beschriften und schleppen. Das wird viel zusätzliche Arbeit sein. Die Freude auf die Renovierung überwiegt allerdings bei Weitem. Wenn der Umbau dann zügig und ohne Verzögerungen läuft – perfekt.