Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Kurz darauf musste Sofía schmerzhaft erleben, dass sich die Haltung ihrer Landsleute zur Monarchie grundlegend geändert hatte. Eine spanische Journalistin, Pilar Eyre, veröffentlichte im Frühjahr 2012 ein Buch unter dem Titel „Die Einsamkeit der Königin“, das sich schnell zum Bestseller entwickelte – und mit dem Tabu brach, dass der Königsfamilie niemand unter die Bettdecke zu schauen habe. Eyre berichtete ausführlich über vorgebliche Liebeshändel des Königs und die Resignation der Königin, die den Treuebrüchen seit Jahrzehnten machtlos zusehe. Die Enthüllungen kamen für die Spanier nicht überraschend. Neu war die Selbstverständlichkeit, mit der die Autorin darüber schrieb.

 

Im April 2012 rief König Juan Carlos den nächsten Skandal hervor, als er sich während eines Elefantenjagdausflugs im afrikanischen Botswana die Hüfte brach. Eine seiner Reisebegleiterinnen war die deutsche Geschäftsfrau Corinna zu Sayn-Wittgenstein, die sich später in mehreren Interviews selbst als „innige Freundin“ des Königs zu erkennen gab. Auch das musste Sofía schlucken. Doch eine Nebenwirkung der ungewollten neuen Offenheit war eine langsam wieder zunehmende Sympathie der Spanier für ihre Königin – zu großem Teil aus Mitleid gespeist.

Auf das Mitleid allein kann sich Sofía allerdings nicht verlassen. Als die Königin vor einer Woche gemeinsam mit ihrem Sohn, Kronprinz Felipe, und dessen Frau Letizia an einer Preisverleihung im nordspanischen Oviedo teilnahm, musste sie sich von Demonstranten Pfiffe und Schmährufe gefallen lassen. Mag Sofía ihre Rolle als Königin noch so tadellos auszufüllen versuchen, der Ansehensverlust der spanischen Monarchie trifft auch sie. Mit republikanischer Wucht.