Die Mädchen und Jungen der Schule für Körperbehinderte haben ihren 17 Millionen Euro teuren Neu- und Erweiterungsbau erstmals auch von Innen in Augenschein genommen. Den Bauarbeiter durften sich in dieser Zeit an Leberkäsweckle stärken.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Seit langem ist die Schule für Körperbehinderte (SfKH) eine Baustelle. Am Montag sind die Mädchen und Jungen mit LKWs vorgefahren. Allerdings nicht mit echten Lastkraftwagen, sondern mit Leberkäsweckle, die auf einem Bollerwagen transportiert wurden. Daneben standen mehrere Kisten Wasser und Bier. Denn die Schüler haben den Bauarbeitern ein Vesper gebracht. Und das nicht ohne Hintergedanken. Die Mädchen und Jungen wollten nun endlich mal ihren Neubau auch von Innen begutachten. Also wurde den Bauarbeitern eine Pause verordnet.

 

Seit Juli 2013 entsteht auf den Hengstäckern ein zweigeschossiger Neu- und Erweiterungsbau. Bauherr des 17 Millionen Euro teuren Projekts ist die Stadt. Im Frühjahr 2015 soll das Haus fertig sein. Den Schülern war die Vorfreude deutlich anzumerken. In der Eingangshalle, der neuen Aula, staunten sie über die großen Rampen, die den Schülern künftig mehr Selbstständigkeit ermöglichen und die Schule noch offener gestalten sollen. Die Mädchen und Jungen hatten aber noch ein paar andere Ideen. Sie könnten sich vorstellen, die Rampen auch zum Fahrradfahren und Skateboarden zu nutzen.

Der Schulleiter Peter Otto freut sich besonders auf den neuen Speisesaal. Denn im Frühjahr 2008 musste das Gebäude Hengstäcker 4 geschlossen werden, weil sich Mäuse und Ratten eingenistet hatten und die Wände und Böden zum Teil schimmelten. Seitdem geht es an der Schule eng zu. Ein Viertel der Klassenzimmer, Gruppen-, Therapie- und Wickelräume fehlen. Weil es auch keinen Speisesaal mehr gibt, müssen die Schüler in den Klassenzimmern essen. Für Otto ist das seit jeher ein untragbarer Zustand. „Insbesondere die fitteren Schüler sollten gemeinsam essen können, und zwar an einem Ort, wo auch Leben ist“, so seine Meinung. Direkt hinter der Aula ist das Musikzimmer. Dort soll es künftig auch Aufführungen geben.

Der Neubau lässt keine Wünsche offen

Auch die älteren Schüler, die in der Praxisstufe unterrichtet werden, können sich freuen. Denn sie bekommen unter anderem eine neue Lehrküche und zwei neue Werkräume. Die beiden maroden Pavillons an der Möhringer Landstraße, in denen sie bislang lernen, werden dann abgerissen.

Die Mädchen und Jungen hatten freilich noch ein paar ganz andere Ideen für ihren Neubau. Sie könnten sich beispielsweise vorstellen, dass dort auch ein paar Pferdeboxen eingerichtet werden. Das machten sie bei dem Rundgang am Montag deutlich. Doch die Räume, die sie dafür ins Auge gefasst haben, sind schon als Sanitär- und Wickelräume verplant.

Aus Sicht des Rektors lässt der Neubau keine Wünsche offen. Doch wunschlos glücklich ist er nicht. Denn die Gebäude Hengstäcker 2, Hengstäcker 5 und Hengstäcker 6 sind zum Teil älter als 40 Jahre und in einem sehr schlechten Zustand. Der Ende 2008 entwickelte Masterplan sieht vor, diese ebenfalls zu sanieren. Wenn in diesem Jahr entsprechende Planungsmittel bereitgestellt werden, könnte 2016 mit der Kernsanierung von Hengstäcker 5 begonnen werden.

Inklusion an der Schule für Körperbehinderte

Doch die Entscheidung wurde auf die Zeit nach der Kommunalwahl vertagt. Für Otto ist es wichtig, dass die Arbeiten an seiner Schule nahtlos weitergehen und keine große Pause zwischen der Eröffnung des Neu- und Erweiterungsbaus und dem Beginn der Sanierung von Hengstäcker 5 entsteht. Denn auch an der Schule für Körperbehinderte soll künftig Inklusion gelebt und Schüler mit und ohne Behinderung gemeinsam unterrichtet werden. „Dafür brauchen wir aber eine stabile Raumsituation“, betonte der Rektor.

So sieht das auch Nikolaus Tschenk (Grüne). Der Landtagsabgeordnete hat einst seinen Zivildienst auf den Hengstäckern geleistet. „Die Schule ist ein gutes Beispiel dafür, dass es immer einen Bedarf für sonderpädagogische Einrichtungen geben wird“, sagte er. Solche Einrichtungen könnten im Zuge der Inklusion nicht einfach verschwinden. Die Grünen-Stadträtin Anna Deparnay-Grunenberg ergänzte: „Wir wollen die Vielfalt und die Wahlmöglichkeit für die Eltern erhalten. Sie wissen am besten, was ihren Kindern gut tut.“