Im Kreis aufgelesen: Süßes und Saures. Diese Woche gibt es noch mehr Häme für Böblingen. Dabei böte sich Gärtringen besser für die Darstellung des schwäbischen Wesens an.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Zum Glück liest Helmut Kurtz keine Süddeutsche Zeitung. Sonst hätte sich der Böblinger Stadtrat noch mehr aufregen müssen. Seit zwei Jahren leidet er schon unter einem Text der Frankfurter Allgemeinen: „Wer will denn schon nach Böblingen?“, lautete die hämische Frage des Machwerks. Dabei spricht daraus nur purer Neid, am Main ist die Arbeitslosenquote mit 7,1 Prozent mehr als doppelt so hoch wie an der Schwippe. Viel fieser fällt die Berichterstattung aus Bayern aus: „In Böblingen überfiel kürzlich ein mit Sparstrumpfmaske vermummter Rentner eine Bankfiliale, den Ruf ‚Dreieinhalb Prozent oder Leben!’ auf den Lippen“, schrieb Axel Hacke. Da schwingt kein Neid mit und keine Häme (die Münchner Arbeitslosenquote: 5,1 Prozent), sondern nur Spott.

 

Rentner mit Sparstrumpf auf dem Kopf

Wohin mit dem Zaster in der Niedrigzinsphase hat sich der Kolumnist gefragt. In Stuttgart platzierte er Selbsthilfegruppen, in denen „hartnäckige schwäbische Sparer mit Hilfe von Rollenspielen, psychologischer Betreuung und Gruppentherapie ihr ererbtes Verhalten verlernen sollen“. Das ist zwar auch nicht nett, aber Einheimische können angesichts von expandierenden Edelkaufhäusern und ellenlangen Innenstadtstaus, die ausschließlich aus Edelkarossen bestehen, nur milde lächeln. Vermutlich hat Axel Hacke das ganze Wohlstandselend schon mit eigenen Augen gesehen. Der Böblinger Rentner mit dem Sparstrumpf auf dem Kopf ist dagegen ein Fantasiegebilde, das bedenklich stimmt.

Warum trippelt der von der Geldentwertung um den Verstand gebrachte Senior nicht durch Burladingen oder Wasseralfingen? Es muss an den drei Buchstaben B, Ö und B liegen, die auf Auswärtige so hinterwäldlerisch wirken. Im deutschsprachigen Raum tun sich diese Kombination tatsächlich nur Randgruppen an: Dem Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB), dem Bundesverband der österreichischen Bilanzbuchhalter (BOEB) und den Schweizer Eidgenossen ist für ihr Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) nichts anderes übrig geblieben.

Sindelfingen klingt wie Findelkinder

Sindelfingen hat es in dieser Hinsicht gut: Die Stadt klingt nach Findelkinder – und darüber will sich niemand lustig machen. Der Landkreis hätte aber noch andere Kandidaten zu bieten. In Gärtringen schlummern beispielsweise ungeahnte Potenziale für die überregionale Darstellung des schwäbischen Wesens. „Die meisten sitzen auf ihren Bauplätzen“, lautete Anfang des Jahres die Überschrift eines Artikels. Dabei handelte es sich nicht um Satire großstädtischer Edelfedern, sondern um die Realität: Von 211 Grundstücksbesitzern würden nur elf ihr Eigentum verkaufen, damit dort andere Menschen ihr Häusle bauen können, hatte damals eine Umfrage in dem Ort ergeben. Dies sei zur Entlastung von Böblingen als nationale Witzfigur an dieser Stelle endlich einmal vermerkt! Allerdings müssen die Senioren in Gärtringen eben keine Bank stürmen, sondern hocken auf ihrem Stückle und schauen dabei zu, wie sich ihre Kapitalanlage um weit mehr als dreineinhalb Prozent jährlich verzinst.

Die Volkshochschule Böblingen-Sindelfingen versucht jetzt deshalb Schlimmeres zu verhindern: Unter www.vhs-motions.de gibt es werktäglich ein kostenloses (!) Live-Online-Nacken-Schulter-Training – für verspannte Böblinger wie den FDP-Stadtrat Helmut Kurtz.