Im Kreis aufgelesen: Süßes und Saures. Diese Woche sind randalierende Böblinger gesucht, der Kreis wird ausnahmsweise von einem Grünen betreut und Herrenberg aufgeräumt. Dort kommt niemand mehr ins Schlittern.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Die Böblinger Fußballfans kommen nicht aus den Schlagzeilen: Wie an dieser Stelle bereits erläutert, legte der Polizeibericht nach dem Finale im Juli eindeutig nahe, dass die Weltmeister im Trinken in dieser Stadt beheimatet sind. „6500 zum Teil deutlich alkoholisierte Fans feierten in der Böblinger Innenstadt den Sieg der deutschen Mannschaft“, schrieben die Beamten damals – und erwähnten ansonsten keine weiteren Pegelstände aus anderen Kommunen. Jetzt hat sich herausgestellt, dass das Unwesen der Böblinger noch viel weitere Kreise zieht.

 

Bis nach Stuttgart sind diese deutlich alkoholisierten Fans zum Finale vorgedrungen, und nun sucht die Polizei nach den Typen. Das ist kein Witz, ermittelt wird wegen Landfriedensbruchs, Sachbeschädigung und Diebstahl. Die freudetrunkenen Fußballfans haben nämlich auf der Feiermeile Theodor-Heuss-Straße einen Smart umgeworfen und darauf getanzt. Ungeschickt war dabei vor allem, dass ein solcher Akt heutzutage nicht undokumentiert über die Bühne geht: Ihr Auftritt tauchte auf der Videoplattform Youtube auf, und die Polizei schaute sich das Filmchen weniger be-, sondern mehr entgeistert an. Dass einer dieser schwarz-rot-goldenen Kraftpakete aus Böblingen stammte war offenbar nicht schwer zu erkennen: Er spielt Oberliga-American-Football bei den Bears.

Höchste Zeit für Matthias Gastel

Höchste Zeit, dass Matthias Gastel kommt. Der grüne Bundestagsabgeordnete aus Nürtingen (Kreis Esslingen) entschleunigte wenigstens ein wenig den etwas überdrehten Landkreis: Er wanderte von Montag bis Mittwoch von Aich über Steinenbronn, Böblingen und Sindelfingen bis nach Malmsheim. Die 52 Kilometer hat er nicht aus Vergnügen zurückgelegt, sondern aus missionarischen Gründen. Böblingen ist für ihn der Betreuungswahlkreis: Weil es hier keinen Grünen gibt, sondern nur Auto fahrende Schwarze, hat sich der alternative Politiker mal drei Tage lang dieser aus seiner Sicht sicherlich von allen guten Geistern verlassenen Gegend angenommen.

Nacholbedarf in der Reisetätigkeit

In der Tat kann allein angesichts der Reisetätigkeit seines Landtagskollegen Paul Nemeth ein gewisser Nachholbedarf nicht von der Hand gewiesen werden. Zwei bis drei Mal in der Woche vermeldet dessen Büroleiter den aktuellen Standort des flinken CDUlers. Er lief von Schönaich über Waldenbuch kürzlich nun auch in Weil im Schönbuch ein – allerdings natürlich nicht zu Fuß. Darüber steht jedenfalls nichts in den Mitteillungen, das wäre Paul Nemeth sicherlich auch nur peinlich. Der Christdemokrat legt Wert auf seine Wirkung in der Öffentlichkeit. Ein Stück des Weges legte er deshalb im Lieblingsauto freudetrunkener und kraftstrotzender Böblinger zurück – einem jungfräulichen Smart. In Weil im Schönbuch schaute er sich dann eine Wäscherei an, was für Politiker, die nie ohne weiße Weste aus dem Haus gehen sollten, taktisch sehr klug ist.

Außerdem hatte Paul Nemeth dank seiner offenbar schnellen Fortbewegung noch Zeit für einen Abstecher nach Stuttgart – wohin es Matthias Gastel so schnell nicht schaffen kann. Dort schnappte er dem Grünen prompt seine ureigenen Themen weg: Der CDU-Mann besichtigte das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung. Ob dies ein Wink mit dem Zaunpfahl war? Nach dem Motto: wenn du unsere CDU-Wähler betreust, betreue ich deine Themen? Matthias Gastel wird sich sputen müssen, wenn er bei den Böblingern mitkommen will.

Keine Tretminen mehr in Herrenberg

Warum die Politiker Herrenberg links liegen lassen, bleibt das größte Rätsel dieser Woche. Denn dort sitzen die wahren Saubermänner. Ende Juli haben sie bereits 14 Hundestationen aufgestellt, beeindruckende 70 Stück sollen es bis Herbst werden. Die Stelen sind nicht dazu gedacht, daran seinen Liebling anzubinden, damit er in einem überschaubaren Gebiet die Notdurft verrichtet. Ordnungsgemäß müssten sie Herrchenstationen heißen, denn für Hunde gibt es dort wenig zu holen. Kostenlose Tüten werden dort gespendet, mit denen das „Häufchen“ sicher und hygienisch aufgenommen werden kann, teilt die Stadtverwaltung mit. Hundekot auf Grünflächen, Gehwegen, Plätzen und Feldern dürfte somit bald endgültig Geschichte sein, lautet die hehre Vision. Das bedeutet: Künftig liegen keine Tretminen mehr in und rund um Herrenberg. Für Politiker müssen das doch paradiesische Zustände sein!

Glatteis der Bauern

Aber es kommt noch besser: Das Rathaus hat diese Woche auch die Landwirte an ihre Pflichten erinnert. Wer die Äcker bewirtschaftet, hinterlässt fast zwangsläufig Dreck auf den Wegen. Es ist im Prinzip wie bei den Hunden. Aber weil für die viele Erde die Tüten an den Stationen nicht ausreichen, droht die Behörde gleich mit Gesetzen. Wer Schmutz macht, muss diesen beseitigen, lautet die Vorschrift. Das bedeutet, dass die Bauern keinen Politiker mehr auf ihr Glatteis führen werden können. Nicht einmal ein von einem Bear gesteuerter Smart würde in Herrenberg ins Schlingern geraten.