Im Schrebergarten unserer Autorin gibt es eigentlich immer was zu tun. Gerade jetzt im Frühjahr. Doch seit kurzem steht dort auch eine Hängematte. Unkraut zupfen oder abhängen? Auf diese Frage fallen die Antworten in der Familie ganz unterschiedlich aus.

Sie ist aus blauem Stoff, ihr Gestell trägt mindestens 200 Kilo und sie steht seit neuestem in unserem Schrebergarten. Einfach mal abhängen, nichts tun, den Himmel betrachten und dem Gezwitscher der Vögel lauschen: Das geht in der neuen Errungenschaft meines Mannes richtig prima. Die ganze Familie passt in diese Hängematte. Lange kann ich allerdings nicht drin liegen bleiben. Denn in unserem Stückchen gibt es eigentlich immer etwas zu tun. Gerade jetzt im Frühjahr, wenn der Giersch wieder versucht, in den Beeten Land zu machen. Wenn sich zunächst die Primeln und wenig später die Akeleien, die im Grunde wunderschön anzusehen sind, wie Unkraut überall ausbreiten.

 

Für die groben Arbeiten ist mein Mann zuständig. Er stutzt die Hecke, die laut Gartensatzung nicht höher werden darf, als ein neunjähriges Kind groß ist. Er hat auch die Fässer aus Stahl ausgegraben, die irgendein Vorbesitzer im Erdreich versenkt hatte. Er hat die Koniferen abgesägt, die nichts in einem Schrebergarten zu suchen haben. Er hat neue Beetflächen angelegt. Damals vor vielen Jahren, als wir die Parzelle frisch übernommen hatten. Da habe ich mich noch über jedes Grün, das sich aus der Erde gedrückt hat, gefreut. Da wusste noch nicht, was Unkraut für Arbeit bereitet.

Fürs Ausrupfen des Beikrauts bin ich zuständig. Nicht, dass ich mich um diese Aufgabe gerissen hätte. Nein, das hat sich über die Jahre hinweg so entwickelt. Während ich also mal wieder versuche, die Beete freizubekommen, von Pflänzchen, die da nicht hingehören, haben sich mein Mann und meine Tochter mal wieder aufs Chillen eingestellt. Die Zwölfjährige schleppt deshalb auch jedes Mal mindestens zwei Bücher in den Garten und natürlich ihr Handy, um tolle Bilder zu machen: Vom Rhabarber, den Tulpen, den Hummeln und den Schmetterlingen.

Dabei hat sie seit Jahren in dem Gärtchen auch ihr eigenes Beet. Erst vor wenigen Wochen haben wir dort Sonnenblumensamen in den Erdboden versenkt – gleich neben ihren Erdbeerpflanzen. Sie ist auch fleißig dabei, wenn es heißt, zu Hause Gemüsepflanzen vorzuziehen, schiebt dunkelrote Bohnen in kleine Töpfe. Ist begeistert wie groß die Samen von Zucchini sind und freut sich, wenn die ersten grünen Spitzen zu sehen sind. Das regelmäßige Gießen der Anzucht muss ich übernehmen. Nun ja.

Ein kleines Experiment hinter der Laube

Hinter der Laube unseres Schrebergartens haben meine Tochter und ich ein kleines Experiment laufen: Wir haben unzählige Kronkorken kunstvoll in die Erde geschoben. Mit ihren Zacken nach oben stecken sie nun zur Hälfte im Boden. Einem winzigen Schutzwall gleich. Sie sollen die Schnecken, die sich im Halbschatten hinter der Laube unter großen Blättern und in den Büschen verstecken, davon abhalten, zarte Jungpflänzchen gleich wieder niederzumähen. Meine Mutter hat diesen Tipp im Internet gelesen.

Mal sehen, ob dieser Vorschlag funktioniert. Denn ich habe die gefräßigen Gesellen schon überall drüber und hinauf klettern sehen. In diesem Frühjahr haben es Babyschnecken geschafft, in die Blüten der Osterglocken zu gelangen. Sie müssen dafür den ganzen langen Stängel hinaufgeschleimt sein. Die Biester saßen munter in den Narzissenblüten, haben zunächst Löcher hineingefressen und die Blüten dann ganz verputzt. Übrig gelassen haben sie die grünen Stängel.

Gartenarbeit erdet, sagt man. Das stimmt in jedem Fall: Ich komme auf andere Gedanken, kann mal den Kopf ausschalten. Manchmal habe ich gerade dort auch recht gute Einfälle. Seit kurzem kann ich in dem Gärtchen aber auch nur in der Hängematte liegen, in den blauen Himmel blicken und dem Vogelgezwitscher lauschen. Ich versuche es zumindest immer wieder.

>> Keinen Familien-Newsletter mehr verpassen – hier geht es zur Anmeldung

Natalie Kanter ist Redakteurin dieser Zeitung und Mutter eines Mädchen, das mittlerweile fast so groß ist wie sie selbst und es dennoch immer wieder schafft, den Alltag ihrer Eltern grundlegend auf den Kopf zu stellen.