Wenn Papa dem Nachwuchs Schwäbisch kommt, drehen sich die Augen gen Himmel. Den Vater stört das nicht. Aber Vorsicht! Schnell wird Dialekt zum Dialeckmich, hat unser Kolumnist Matthias Hohnecker beobachtet.

Stuttgart - Man muss als Erwachsener schwer aufpassen, dass aus dieser Dialektfrage nicht irgendwann die Dialeckmichfrage wird. Gerade Jugendliche reagieren oft verschnupft, wenn man ihnen penetrant etwas einzuflößen versucht. Schwäbische Mundart zum Beispiel. „Bitte, bitte, nicht schon wieder“, bettelt einen dann Sohn P. an, wenn man zum nächsten väterlichen Schwäbischreferat mit einem „Woisch Karle . . .“ (oder einem an dieser Müsliwerbung orientierten und auf den zwölfjährigen Spross angepassten „Woisch Kerle!“) anhebt.

 

Aber als wir hier vor Wochen das Familienleben hinter schwäbischen Gardinen ausgebreitet und den Aufruf einiger Politiker beschrieben haben, die der Mundart in der Schule wieder zu ihrem Recht verhelfen wollen, da hatte dies beträchtliche Folgen. In den ogaddich vielen Leserzuschriften, teils mit einer Art Vokabeltest (Gardadierle, Glufamichl, Bräschdlengsgsälz) versehen, wurde der hier schreibende Vater M. auch zum „Gerhard Raff fier Jongbliebene“ veredelt. Und der Förderverein Schwäbischer Dialekt e. V. hat nicht nur seine sehr, sehr scheene Jubiläums-Feschtschrift samt Mitgliederaufnahmeanträgen geschickt, sondern auch einen Brief seines Vorsitzenden Hubert Wicker.

Herr Wicker, seines Zeichens Landtagsdirektor, schreibt: „Sehr geehrter Herr H., mit Genuss habe ich Ihren Artikel gelesen, auch wenn es sich um eine ernste Angelegenheit handelt. Der Dialekt ist verloren, wenn es einmal so weit kommen sollte, was nicht auszuschließen ist, dass die Kinder in der Schule erst wieder Mundart lernen.“

Manchmal hilft nur der Muggabadscher

Onder ons: seither werden Sohn P. und Tochter E. noch sehr viel stärker in eine außerschulische Zwangsnachhilfe in Sachen Schwäbisch genommen. Unter Zuhilfenahme eines Muggabaddschrs und unter väterlicher Absonderung des Wortes „Pfeifadeggl!“, sobald die Heranwachsenden um Gnade winseln. Acht Stunden täglich, sieben Tage die Kehrwoche.

Und eine große Hilfe sind dabei die Zuschriften unseres Lieblingslesers Herbert Jaisle aus dem mittleren Remstal. So schreibt Herr Jaisle zum Beispiel über einen Freund aus Waala („Walheim, Sie wissen“), der gerne und oft „dr Abbarad ratraa“ hat. Seitdem werden Tochter E. und Sohn P. – durchaus auch zu nächtlicher Stunde – geweckt, um folgenden Satz feierlich schmetternd zu wiederholen: „Abrakadabra, d’ Rhabarber-Barbara hat dr Abbarad ratraa.“ Auch die schöne Wendung „Soddomoddo“ wird in den aktiven Wortschatz des Jungvolks gebimst (das kommt laut Herrn Jaisle von „SoddoModdorrädleHau“). In Walheim übrigens behaupten laut Herrn Jaisle manche: „A Määdle aus Waala isch nedd zom Zahle“, was er, als er einst „ein hübsches Määdle aus Aalen kennengelernt“ habe, „natürlich wahnsinnig kreativ so umgedichtet habe, dass die sich scho a klois bissle drieber gfrait hat.“

Und irgendwann werden auch Sohn P. und Tochter E. die Schwäbischinfiltrationen des Vaters zu schätzen wissen. Weil: oms nomgugga kasch nemme romgugga. On no wirsch em Abbarad natraa.