Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche sieht es schwarz aus für Holzgerlingen. Wilfried Dölker ist jedoch nicht für jeden Bürgermeister ein Vorbild. Denn so manch einer nutzt lieber Vitamin B, um in ein anderes Rathaus zu kommen.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Holzerlingen - Die aufregendsten Tage im Kreis Böblingen hat das Mango-Aktionsteam hinter sich. Es erlebte eine wahre Zitterpartie um die grünen Früchtchen. Der Anflug von 83 000 Mangos aus Burkina Faso wurde von starken Regenfällen, verspäteten Lastwagen und verpassten Maschinen bis zum ersten Verkaufstag hinausgezögert. Danach musste die Zollabfertigung in Windeseile absolviert werden, was ein Widerspruch an sich ist. Knapp sieben Stunden hat diese Prozedur gedauert. „Es war nervenstrapazierend bis zum Ende“, sagte eine Beteiligte vom evangelischen Kirchenbezirk. Aber es hat sich wieder gelohnt: Der Erlös der Aktion kommt der Schulbildung in Burkina Faso zugute.

 

Viel Vitamin A und C für den Kreis

Ganz abgesehen davon profitieren auch die Kreisbewohner. Wenn die 83 000 Mangos verspeist sind, strotzen sie nur so vor Vitamin A und C. Das baut das zuletzt arg strapazierte Nervenkostüm und das durch die Eisheiligen strapazierte Immunsystem wieder auf. Vor allem in Holzgerlingen können sie eine Stärkung gut gebrauchen. Dort hat der Bürgermeister viel Niedergeschlagenheit verursacht. Dass Wilfried Dölker im Alter von 60 Jahren nach 32 Amtsjahren nicht mehr zu einer fünften Runde antreten will, kam tatsächlich für viele Holzgerlinger überraschend. Die Reaktionen sind geradezu rührend. „Es ist traurig, dass er aufhört“, sagen die Leute. Es werde nicht einfach, einen ähnlichen Nachfolger zu finden, wissen sie schon jetzt. „Ich habe gehofft, dass er weitermacht“, sagte eine Frau.

Eines Tages werden auch die Sindelfinger lernen müssen, mit einem solchen Verlust umzugehen. Sie sollten sich vorher dann mit einer ordentlichen Menge an Mangos eindecken. Bernd Vöhringer tut zwar sein Bestes, der Stadt möglichst lange erhalten zu bleiben: Im Jahr 2001 war er als jüngster Oberbürgermeister Deutschlands ins Amt gekommen. Wenn er sich ein Beispiel an Wilfried Dölker nimmt, wäre 2028 Schluss. Geht er bis ans Maximum, wäre noch 2035 drin. Roland Bernhard hat jedenfalls die Zeichen der Zeit erkannt: „Es ist mir eine Freude, weiterhin mit Ihnen zusammenzuarbeiten“, sagte der Landrat am Wahlabend – obwohl es in jüngster Zeit gar keine so große Freude für ihn gewesen sein kann. Immerhin hatte ihm Bernd Vöhringer in Sachen Erddeponiesuche Schiebereien und Mauscheleien zuungunsten von Sindelfingen vorgeworfen. Vermutlich deshalb gönnte sich der Landrat wenigstens einen kleinen Seitenhieb: Er sei erstaunt gewesen, mit welcher Intensität sich der Sindelfinger OB in den Wahlkampf gekniet habe, obwohl die Bewerberlage keine großen Gefahren für ihn zu bieten hatte. Ein Endergebnis von 93,87 Prozent klingt ja auch ziemlich souverän.

Zahlen allein machen nicht selig

Allerdings sind Zahlen allein offenbar nicht immer selig machend. Tobias Heizmann erzielte im Herbst 2015 sogar noch 0,13 Prozent mehr bei seiner Wiederwahl als Schönaicher Bürgermeister. Weder Wilfried Dölker noch Bernd Vöhringer scheinen ihm ein Vorbild zu sein: Er will jetzt das Rathaus wechseln und in Böblingen das Finanzdezernat übernehmen. Auch in seinem Fall birgt die Bewerberlage eher keine großen Gefahren – obwohl er gegen den Amtsinhaber Ulrich Schwarz antritt. Doch bei Letzterem handelt es sich um ein grünes Früchtchen. Ob Tobias Heizmann genügend Mangos verspeist hat, spielt dabei gar keine Rolle. Denn er verfügt schließlich auch so über genügend Vitamin B – mit seiner Mitgliedschaft bei den Freien Wählern.