Holen wir den 1. August 1976 kurz zurück. Sein Ferrari rast mit Tempo 240 in den Fangzaun, knallt gegen die Böschung, wird vom Nächsten gerammt, hundert Meter mitgeschleppt – und fängt Feuer. Wie konnte Lauda in diesem Inferno überleben, fast eine Minute in der Gluthitze, den giftigen Dämpfen ausgesetzt, bewusstlos, ohne Helm? Drei Tage liegt er zwischen Leben und Tod. In der ersten Pressekonferenz fragt ihn dann einer: „Lässt sich Ihre Frau jetzt scheiden?“ „Warum?“ „Na, so wie Sie ausschauen.“ „Ich hab doch nur meinen Oberschenkel im Gesicht“, antwortet Lauda dem Dummbeutel, steht auf und geht.

 

Diese erste Zeit war schlimm, der Schock, die Angst. Ein paar Wochen später fuhr Lauda wieder, und im letzten Saisonrennen, in Fuji, führte er in der WM-Wertung immer noch. Doch es regnete. Er gab auf. Kampflos verlor er an Hunt seinen Titel, und mit zwei Dingen musste er danach fertig werden: mit Enzo Ferrari, der ihn fallen ließ – und mit diesem Gesicht. Der Entstellte versteckte seine Narben unter einer Baseballkappe und markigen Sprüchen wie diesem: „Wo das rechte Ohr ist? Zum Fahren brauch ich nur den rechten Fuß.“ Er markierte den harten Hund.

„Hier ist mein Ohr!“

Was ihm nicht schwerfiel. Die damalige Formel 1 war die Zunft der kernigen Kerle, in einem Interview hat sich Lauda rückblickend erinnert: „Jeder wäre dem anderen jederzeit über den Schädel gefahren, um zu gewinnen.“ Auch er war so ein Egomane. Einmal, 1973 in Zandvoort, fuhr er tatenlos am brennenden Auto des sterbenden Roger Williamson vorbei und sagte später: „Ich bin Rennfahrer, kein Feuerwehrmann.“ Arschloch, hieß es darauf verschiedentlich, auf jeden Fall aber war er ein knallharter Hund – und ohne diesen Schutzpanzer, ahnt er, „hätte ich meine Erfahrung am Grillplatzl des Nürburgrings nicht so bewältigt“.

Neulich war er wieder dort. Mit einer Reporterin des US-Frühstücksfernsehens, die auf einen großen emotionalen Moment spekulierte, traf er sich an der Unfallstelle. Sie fing an: „Mister Lauda, wie ist das, hier zu sein?“ – „Oh, schauen Sie“, unterbrach er sie und deutete zum Boden, „hier ist mein Ohr!“ Vom Hotelbüfett hatte der Schluri ein Kipferl mitgehen lassen und ins Gras gelegt.

Nein, es ist nicht das Gesicht der Mona Lisa, von dem wir hier reden, sondern das von Lauda. Seit 37 Jahren lebt er mit diesem Gesicht, bei jeder Rasur wird er damit konfrontiert, und einmal wurde er gefragt: Was fällt Ihnen zu Ihrem Aussehen ein? „Hirnverbrannt“, antwortete er.

Aber gelacht hat Lauda dazu, was ein sicheres Zeichen dafür ist, dass er sich abhebt vom Zeitgeist. Nie hat er sich mit Gewalt aufhübschen lassen, um sich dem heutigen Schönheitsideal zu nähern. Jürgen Klopp hat sich Scham- oder sonstige Körperhaare umpflanzen lassen, um seine Geheimratsecken zu deckeln. Michael Douglas lässt sich die Backen liften, Schweinsteiger die Zähne richten, und wie hat, um in der Formel 1 zu bleiben, einmal Cora Schumacher auf Seite eins von „Bild“ offen, ohne Scheu und stolzgeschwellt verraten: „Ja, ich habe ihn vergrößern lassen.“ Nein, nicht den Penis von Ralf – sondern ihren Busen.

Das alles käme für Lauda nie infrage. Gleich nach dem Unfall hat er zwar die theoretischen Künste der plastischen Chirurgie erwähnt („Es geht alles, ich könnte mich zum Dracula machen lassen oder zum schönsten Menschen der Welt“), aber als ihn dann ein Guru der Branche neu gestalten wollte, inklusive eines tollen Ohrs aus Knorpeln der Rippen, winkte er ab. Er lebte. War das nicht schön genug? „Ich hatte ja schon die letzte Ölung“, sagte Lauda.

Seine Narben versteckt er hinter markigen Sprüchen

Holen wir den 1. August 1976 kurz zurück. Sein Ferrari rast mit Tempo 240 in den Fangzaun, knallt gegen die Böschung, wird vom Nächsten gerammt, hundert Meter mitgeschleppt – und fängt Feuer. Wie konnte Lauda in diesem Inferno überleben, fast eine Minute in der Gluthitze, den giftigen Dämpfen ausgesetzt, bewusstlos, ohne Helm? Drei Tage liegt er zwischen Leben und Tod. In der ersten Pressekonferenz fragt ihn dann einer: „Lässt sich Ihre Frau jetzt scheiden?“ „Warum?“ „Na, so wie Sie ausschauen.“ „Ich hab doch nur meinen Oberschenkel im Gesicht“, antwortet Lauda dem Dummbeutel, steht auf und geht.

Diese erste Zeit war schlimm, der Schock, die Angst. Ein paar Wochen später fuhr Lauda wieder, und im letzten Saisonrennen, in Fuji, führte er in der WM-Wertung immer noch. Doch es regnete. Er gab auf. Kampflos verlor er an Hunt seinen Titel, und mit zwei Dingen musste er danach fertig werden: mit Enzo Ferrari, der ihn fallen ließ – und mit diesem Gesicht. Der Entstellte versteckte seine Narben unter einer Baseballkappe und markigen Sprüchen wie diesem: „Wo das rechte Ohr ist? Zum Fahren brauch ich nur den rechten Fuß.“ Er markierte den harten Hund.

„Hier ist mein Ohr!“

Was ihm nicht schwerfiel. Die damalige Formel 1 war die Zunft der kernigen Kerle, in einem Interview hat sich Lauda rückblickend erinnert: „Jeder wäre dem anderen jederzeit über den Schädel gefahren, um zu gewinnen.“ Auch er war so ein Egomane. Einmal, 1973 in Zandvoort, fuhr er tatenlos am brennenden Auto des sterbenden Roger Williamson vorbei und sagte später: „Ich bin Rennfahrer, kein Feuerwehrmann.“ Arschloch, hieß es darauf verschiedentlich, auf jeden Fall aber war er ein knallharter Hund – und ohne diesen Schutzpanzer, ahnt er, „hätte ich meine Erfahrung am Grillplatzl des Nürburgrings nicht so bewältigt“.

Neulich war er wieder dort. Mit einer Reporterin des US-Frühstücksfernsehens, die auf einen großen emotionalen Moment spekulierte, traf er sich an der Unfallstelle. Sie fing an: „Mister Lauda, wie ist das, hier zu sein?“ – „Oh, schauen Sie“, unterbrach er sie und deutete zum Boden, „hier ist mein Ohr!“ Vom Hotelbüfett hatte der Schluri ein Kipferl mitgehen lassen und ins Gras gelegt.

Mit seinem Wiener Schmäh hebt er sich als Kommentator wohltuend ab von den fehlerlosen Fernsehgesichtern. Und dafür, dass sein Oberschenkel seit 37 Jahren sein Gesicht ist, kommt Niki Lauda gut mit sich klar. Vielleicht liegt es an James Hunt, der ihm nach dem Unfall ins Gesicht sagte: „Du siehst jetzt besser aus als vorher.“