Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Merkels Gerede vom „Neuland“ Internet ist am Ende gar nicht so verkehrt. Wer in der virtuellen Welt nicht auf rechtsstaatliche Prinzipien verzichten will, findet Neuland vor. Die Amerikaner – Behörden wie die NSA und Firmen wir Google – haben dieses Neuland kolonisiert wie ihre Vorfahren einst die Prärie. Wir Europäer erinnern ein wenig an die armen Indianer.

 

Der Konflikt zwischen Sicherheitsbedürfnissen, Kontrollmanie und dem Schutz der Privatsphäre ist auch so etwas wie ein Kampf der Kulturen. Dies offenbarte das zähe Feilschen zwischen Europäischer Union und USA um die Weitergabe von Bankdaten und den Austausch sicherheitsrelevanter Informationen über Flugpassagiere. Ohne ein gemeinsames Verständnis von Datenschutz klingen die Hymnen auf die transatlantische Partnerschaft zunehmend hohl. Darüber wird auch im Rahmen der Gespräche über ein Freihandelsabkommen zu reden sein, die heute beginnen. Doch nicht einmal in Europa herrscht eine einheitliche Datenschutzkultur. Seit anderthalb Jahren ringen die EU-Staaten um eine gemeinsame Datenschutzverordnung. Und in Deutschland können sich bei diesem Thema noch nicht einmal die Regierungspartner verständigen.

Über die angebliche Ahnungslosigkeit wird noch zu sprechen sein

Die NSA-Affäre hat weitere Defizite offen gelegt. Über die angebliche Ahnungslosigkeit deutscher Geheimdienste wird noch zu sprechen sein. Die EU müsste sich nicht über ihre verwanzte Botschaft erregen, wenn sie eine eigene Spionageabwehr hätte. Und die Parlamente der Nationalstaaten wären gut beraten, wenn sie auch bei der Kontrolle der Geheimdienste mehr kooperieren würden. Das sind alles dicke Bretter. Manches klingt beinahe utopisch. Die Alternative wäre: Kapitulation.