Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Beinahe die ganze Last ruht somit auf den Schultern von Präsident Ghani. Nachdem es ihm nur mühsam gelang, mit dem politischen Konkurrenten, Ministerpräsident Abdullah, eine Einheitsregierung zu bilden, ist Skepsis geboten. Er bräuchte das Volk hinter sich, doch wissen die Menschen nicht einmal, ob sich das lebensgefährliche Wählen gelohnt hat oder ob ihre Stimmen verschoben wurden – ein offizielles Wahlergebnis wurde nie veröffentlicht. Afghanistan ist zudem gespalten in viele ethnische Gruppen. Deren mächtige Führer dürften weitere Unruhe schüren, wenn es ihnen nutzt. Jahrelang wurden die Eliten von der Staatengemeinschaft unterstützt, ohne sich vor der Bevölkerung verantworten zu müssen. Wie vor dem Hintergrund Rechtssicherheit hergestellt und Korruption eingedämmt werden kann, ist offen.

 

Weil er nichts mit Macht durchsetzen kann, bleibt Ghani kaum anderes übrig, als den Weg der Versöhnung zu suchen und Kompromisse zu schließen. So wird der Präsident versuchen, die Taliban einzubinden und zugleich weitere Milliarden vom Westen erhoffen, der die Fundamentalisten gerade noch militärisch bekämpft hat. Aber nur durch internationale Finanzhilfe bleibt der bankrotte Staat lebensfähig. Würde man ihm das Geld nach dem Truppenabbau versagen, wären jegliche Entwicklungschancen verbaut. Und die Frage, ob sich der internationale Einsatz gelohnt hat, würde sich immer dringlicher stellen.