Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Die Finanz-, Wirtschafts- und Schuldenkrise hat die Beschäftigten dafür sensibilisiert, was in Deutschland im Argen liegt. Erst die irren Spekulationen der Finanzindustrie und die überzogenen Managergehälter, jetzt die Steuerbetrüger: immer deutlicher wird, dass einem Teil der Geldelite die für den Zusammenhalt der Gesellschaft nötigen moralischen Maßstäbe verloren gegangen sind – zumal wenn sie sich über das Gesetz erhebt. Ob es gerecht ist oder nicht: der Millionenzocker Uli Hoeneß gibt diesem weitgehend anonymen Kreis ein Gesicht, an ihm entzündet sich ein Grundsatzstreit. Folglich stürzt sich die (Talkshow-)Nation auf nur einen Mann.

 

Somit erleben wir einen atemberaubenden Paradigmenwechsel im Umgang mit Steuerhinterziehung: Was vor Jahren noch als Steuersünde hingenommen wurde, will die Politik nun als kriminellen Akt bekämpfen. Steueroasen werden nicht mehr akzeptiert; die Schweizer haben es schon kapiert. Manche Ankündigung mag dem Wahlkampf geschuldet sein, doch der Zug lässt sich nicht mehr aufhalten. Taten müssen folgen. Die für ihr Nettogehalt hart arbeitenden Menschen wollen eine Zementierung von Ungerechtigkeiten nicht mehr klaglos akzeptieren. Auch deswegen gehen sie in den Tarifkonflikten auf die Straße.