Die Verflechtungen zwischen Umweltlobby und der Regierung sollten beobachtet werden, meint Brüssel-Korrespondent Markus Grabitz.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Der Bürger hat einen Anspruch darauf zu erfahren, welche Interessengruppen den Regierenden ihre Sicht der Dinge darlegen dürfen. Nur wenn dies bekannt ist, kann sich die Öffentlichkeit ein Bild davon machen, ob die Politik nach vernünftigen Kriterien entscheidet – oder ob sie der Lobby auf den Leim geht.

 

Das Gebot der Transparenz gilt aber für beide Seiten. Die Öffentlichkeit hat ein wachsameres Auge auf Lobbykontakte zwischen Unternehmensvertretern und Politikern. Zu Recht. Bei Kontakten zu Nichtregierungsorganisationen und Umweltverbänden schaut man dagegen nicht so genau hin. Das ist nicht mehr angemessen, weil diese Organisationen sich von den Industrielobbyisten eine Menge abgeschaut haben und etwa in der Verkehrspolitik inzwischen zu einem machtvollen Akteur geworden sind. Da ist schon von Interesse, wenn Funktionäre der Umwelthilfe einen privilegierten Kontakt ins Bundesumweltministerium haben, sich mit dem beamteten Staatssekretär unter vier Augen zum Mittagessen treffen. Diese Umstände mögen etwa erklären, warum die Umwelthilfe gelegentlich einen Informationsvorsprung hat. Sie legen nahe, dass bei der Forderung nach Fahrverboten für Diesel in den Innenstädten wohl auch über Bande gespielt wird. Die Umwelthilfe ist freier in ihren Formulierungen als Ministeriale.

Weder illegal, noch skandalös

Wohl gemerkt: All das ist nicht illegal. Skandalös ist es auch nicht. Auch die Autolobby hat schließlich Zugang in die Ministerien, nutzt ihre Kommunikationskanäle. Doch einen Unterschied gibt es: Es wird nicht mit dem gleichen Maß gemessen. Es ist undenkbar, dass ein Industrielobbyist als Staatssekretär in einem Bundesministerium verpflichtet wird. Bei dem ehemaligen Umweltlobbyisten, Rainer Baake, gab es dagegen keinen Aufschrei, als Sigmar Gabriel ihn als beamteten Staatssekretär ins Wirtschaftsministerium holte.

Eine Tochter der Umwelthilfe führt im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums Veranstaltungen durch. Dabei geht es darum, gegenüber Bürgerinitiativen für Geld um Akzeptanz für den Ausbau von Stromleitungen zu werben. Sicher, ein sinnvolles Anliegen. Nur: Wie groß wäre eigentlich die Empörung, wenn die Autolobby aus Steuergeldern dafür bezahlt würde, Kampagnen für mehr Autobahnen zu machen?