Die Brutalität des islamistischen Terrors und die Unfähigkeit der Regierung, den selbst ernannten Gotteskriegern Herr zu werden, hat Nigeria an den Abgrund geführt, kommentiert der Afrika-Korrespondent der StZ, Johannes Dieterich.

Abuja - Kein Tag vergeht ohne Horrornachricht aus Nigeria. Ende vergangener Woche kamen bei Angriffen auf zwei Dörfer weit mehr als 100 Menschen ums Leben. Am Montag wurden bei einem Bombenanschlag in der Hauptstadt Abuja vermutlich bis zu 200 Menschen getötet. Und am Dienstag sollen bei einem Überfall auf eine Schule Dutzende von Mädchen entführt worden sein. Die Schreckenstaten haben alle eines gemeinsam: Sie gehen aufs Konto der extremistischen islamischen Sekte Boko Haram, die den Norden des   bevölkerungsreichsten Staates Afrikas in einen fundamentalistischen Gottesstaat verwandeln will.

 

  Neben der Grausamkeit der Taten erschreckt die Hilflosigkeit, mit der die Regierung und die Sicherheitskräfte den Bluttaten begegnen. Die Soldaten fallen durch Abwesenheit auf oder schlagen blindwütig zu – und richten weitere Massaker unter Zivilisten an. Nicht nur Zyniker behaupten, dass dem aus dem Süden stammenden Präsidenten Goodluck Jonathan an der Beruhigung des Nordens gar nicht gelegen sei: Manche unterstellen gar eine (un)heimliche Komplizenschaft zwischen politisch motivierten Zündlern und religiösen Eiferern. Ein mörderisches Spiel: Ohne eine schnelle Initiative zu Gesprächen, Allianzen und Reformen wird Afrikas Wirtschaftsmacht Nr. 1 in Flammen aufgehen.