Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Das Gesetzesvorhaben steckt voller Brisanz, weil es das Verhältnis der Arbeitgeber zu den Arbeitnehmern neu definieren könnte. Insofern ist es erstaunlich, dass die Diskussion nur in Expertenkreisen geführt wird – dort jedoch mit großer Vehemenz. Bei allem Unmut über ausufernde Lufthansa-Streiks darf die Koalition den Wettbewerb mehrerer Gewerkschaften im Betrieb nicht unmöglich machen. Zumeist richtet dieser kein Chaos an, wie sich zum Beispiel in den Krankenhäusern zeigt, wo Verdi und der Marburger Bund konkurrieren.

 

Zudem ist das Streikrecht das höchste Gut der Sozialpartnerschaft. Abgesehen von der Lufthansa, wo Cockpit schon im April den Bogen überspannt hat, gehen die Gewerkschaften meist respektvoll damit um. Es darf nicht durch die Hintertür vom Gesetzgeber ausgehebelt werden, nur weil die Wirtschaftsverbände intensive Lobbyarbeit betreiben. Folglich muss man Gewerkschaftspluralität auch künftig aushalten können – nur eben so, dass sich speziell im sensiblen Verkehrsbereich ein geordnetes Miteinander einstellt und die Verhältnismäßigkeit bei Arbeitskämpfen gewahrt bleibt. Dies mag juristisch der Quadratur des Kreises gleichkommen. Wenn die Koalition aber Streiks insoweit einschränken würde, dass Berufsorganisationen praktisch zu Bittstellern degradiert werden, hätten die Politiker deutlich überzogen.