Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Immerhin setzt sich im deutschen Unternehmerlager die Einsicht durch, dass es so diffus nicht weitergehen kann. Schon jetzt bremst die große Unsicherheit die Investitionen und dämpft das Exportgeschäft. Ein wichtiger Protagonist, der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Wirtschaft, hat daher eine bemerkenswerte Volte vollzogen: Zu „hundert Prozent“ trage man harte Sanktionen mit, sagt Eckhard Cordes. Ein starkes Signal. Bis vor wenigen Wochen hatte er von Boykottaktionen generell abgeraten und auf Gespräche gesetzt. Die Hoffnung auf den sanften Dialog hat getrogen. Zwar darf der Kontakt zu den russischen Unternehmen nicht abreißen. Eine Eskalation sollte Moskau nicht so sehr in die Enge treiben, dass am Ende der Kalte Wirtschaftskrieg ausbricht. Aber Angst vor der eigenen Courage ist auch kein guter Ratgeber. Russland ist zu eng mit der europäischen Wirtschaft verflochten, als dass es sich gänzlich neu orientieren könnte.

 

Es reicht auch nicht mehr, immer nur drum herumzureden. Offenheit ist nötig. Sanktionen etwa im Energie- und Bankensektor oder bei Maschinenbaugütern, die für zivile wie für militärische Produktionen dienlich wären, könnten die gute Konjunktur hierzulande unterbrechen. Womöglich wären Arbeitsplätze bedroht. Dies auf dem Rücken der Beschäftigten auszutragen ginge freilich nicht. Zur vorausschauenden Politik sollten daher auch Staatshilfen für betroffene Firmen gehören, die ansonsten Personal abbauen müssten.

Gefragt sind somit Entschlossenheit und Solidarität – im Zusammenspiel mit den Europäern wie mit der Wirtschaft. Dazu müsste Berlin, allen voran Kanzlerin Angela Merkel, allerdings mehr politisches Gewicht in die Waagschale werfen. Nur wenn man Putin und die Wirtschaftsmagnaten endlich an ihrer empfindlichsten Stelle – beim Geld – trifft und damit Keile in das Moskauer Machtgefüge treibt, besteht die Chance auf eine friedliche Lösung.