Die Regierung achtet die Rechte des Parlamentes immer weniger. Das zeigt auch das Atom-Moratorium, meint StZ-Korrespondent Stefan Geiger.      

Berlin - Die Krise ist die Stunde der Exekutive. Sie erfordert spontane Entscheidungen. In der Krise spielt Psychologie eine große Rolle, das rasche, symbolische Wort, auch wenn es sich später nicht als belastbar erweist. Vor diesem Hintergrund mag es vertretbar erscheinen, wenn die Bundeskanzlerin Angela Merkel etwas verkündet, was ihr gar nicht zusteht: Ein Moratorium für Kernkraftwerke.

 

Den Betrieb der Kraftwerke regelt das Atomgesetz. Wer das rechtsverbindlich ändern will, muss das Gesetz ändern. Das kann nur das Parlament, nicht die Kanzlerin. Aber die Kanzlerin kann Politik machen - solange die Kraftwerksbetreiber mitspielen. Das nennt man dann eine politische Entscheidung.

Die Konzerne werden das Risiko, das Merkel mit ihrem Moratorium eingegangen ist, in den nun anstehenden Verhandlungen für sich zu nutzen wissen. Viel problematischer ist: Die Fälle häufen sich, in denen die Regierung die Kompetenzen des Parlaments ignoriert.

Das war bei der Wehrpflicht so, die offiziell nicht abgeschafft ist. Das ist bei dem Gesetz zur Kinderpornografie so, das nicht praktiziert wird. Das ist bei der (angeblichen) staatlichen Absicherung von Spareinlagen so. Das ist bei der Euro-Rettung so. Über die politischen Inhalte kann man jeweils streiten. Darüber, dass das Parlament nicht mehr bekommt, was des Parlamentes ist, nicht mehr.