Die Verantwortlichen des BR sollten dankbar sein, dass sie mit ihren Plänen, BR-Klassik auf Digitalfrequenzen zu verschieben, so viel Widerspruch ernten. Er belegt, dass die Hörer dem BR noch einen Kulturauftrag zutrauen, meint Markus Reiter.

Stuttgart - Viele kulturinteressierte Menschen reagieren empfindlich, wenn es um den Umgang der ARD-Anstalten mit ihren Kulturwellen geht. Im Norden und Osten der Republik ist das Kulturradio nur noch ein Schatten seiner selbst, weil die dortigen Intendanten und Wellenchefs ihre Hörer und deren Ansprüche nicht ernst nehmen, ihnen intelligentes Zuhören nicht zutrauen und deshalb alles auf „Durchhörbarkeit“ trimmen. So gesehen sollten die Verantwortlichen des Bayerischen Rundfunks dankbar sein, dass sie mit ihren Plänen, BR-Klassik in zwei Jahren auf Digitalfrequenzen zu verschieben, so viel Widerspruch ernten. Er belegt, dass die Hörer dem BR noch einen Kulturauftrag zutrauen und nicht, wie in anderen Teilen der Republik, vor der Anspruchslosigkeit der Radiomacher resigniert haben.

 

In der Sache haben beide Seiten gute Argumente. Der BR muss sich fragen lassen, warum er es nicht schafft, ein junges und technikaffines Publikum auf sein anspruchsvolles Jugendprogramm „Puls“ aufmerksam zu machen. Wenn digitales Radio und Internetempfang die Zukunft sind, warum will man eine junge Zielgruppe ausgerechnet über Opas UKW-Empfänger ansprechen? Vermutlich eignet sich eine gut gemachte Präsenz in den sozialen Netzwerken besser, um „Puls“ bekannter zu machen. Andererseits lassen die Gegner der Umschaltung die hochgebildeten BR-Klassik-Hörer wie Techniktrottel erscheinen, denen man die letzten Jahre vor ihrem Hinscheiden den Kauf eines Digitalradiogerätes nicht mehr zumuten könne. In Wirklichkeit sind die meisten von ihnen technisch gut ausgestattet und offen für Neuerungen.

Das eigentlich Ärgerliche in der Diskussion ist, dass nicht in Interessen-, sondern in Alterskategorien argumentiert wird. Wer den Eindruck erweckt, als sei klassische Musik im Radio im Grunde nur ein Angebot für Hochbetagte, muss sich nicht wundern, wenn der BR in ein paar Jahren darüber nachdenkt, den Sender wirklich abzuschalten, weil ihm die Hörer weggestorben seien. Egal ob auf UKW oder digital – der Bayerische Rundfunk muss mit seinem Klassikprogramm alle Altersgruppen ansprechen. Das ist sein Kulturauftrag.