Das ist möglich. Im neuen EU-Vertrag, der erstmals zur Anwendung kommt, heißt es – leider ziemlich vage –, dass die Staats- und Regierungschefs das Wahlergebnis berücksichtigen müssen, wenn sie den neuen EU-Kommissionschef auswählen. Daher stellen die Parteien erstmals europaweite Spitzenkandidaten für diesen Posten auf. Doch ausgerechnet Angela Merkel hat sich noch nicht dazu bekannt, das Wählervotum und die folgende Koalitionsbildung im Parlament als bindend anzuerkennen. Ohne dieses Bekenntnis aber verliert das Duell zwischen Schulz und einem noch zu benennenden Kandidaten von Merkels Europäischer Volkspartei an Reiz und Relevanz. Nur wenn klar ist, dass der Wähler wirklich die wichtigste Brüsseler Personalie direkt beeinflussen kann, besteht die Möglichkeit, ihn aus seiner EU-Apathie zu locken oder von der reinen Protestwahl abzuhalten.

 

Selbst dann ist der Erfolg ungewiss. Wie geht Wahlkampf in 28 Staaten ohne gemeinsame Plattform? Es soll TV-Duelle geben – getrennt nach Amtssprachen? Reicht der Bekanntheitsgrad der Kontrahenten, um die Bürger zu interessieren? Einen Versuch ist es wert. Die Kanzlerin sollte – auch wenn ihr mit einem demokratisch legitimierten Kommissionschef Konkurrenz erwächst – den Weg dafür freimachen .