Der Röttgen-Rausschmiss ist eine schlichte Machtdemonstration, meint StZ-Autor Armin Käfer. Angela Merkel wird zur Basta-Kanzlerin.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Selten wurde eine politische Karriere so abrupt und schmachvoll beendet. Am Sonntag hatte Norbert Röttgen fast alles verloren: die Wahl in Nordrhein-Westfalen, seinen Ruf als politischer Aufsteiger und möglicher Kronprinz Angela Merkels, die Machtposition als Vorsitzender des größten CDU-Landesverbandes und die Hoffnung, vielleicht sogar eines Tages Kanzlerkandidat werden zu können. Am Mittwoch verlor er den Rest seiner politischen Würde. Die Kanzlerin entlässt den Umweltminister kurzerhand – das hat es noch nie gegeben, seit Merkel regiert.

 

Der finale Fußtritt straft alle ihre Bekundungen an den Tagen zuvor Lügen. Noch am Sonntagabend hatten Merkels Herolde versichert, dass Röttgens Job im Kabinett ungeachtet des Wahldebakels garantiert bleibe. Die Kanzlerin selbst äußerte sich in ähnlichem Sinne am Morgen nach dem Wahlschock. Sie hatte überhaupt so getan, als stünde eine undurchdringliche Mauer zwischen NRW und dem Mittelpunkt ihres Reiches in Berlin – als hätte sich die Wahlkatastrophe in einer anderen Welt ereignet.

Röttgens Rausschmiss ist eine schlichte Machtdemonstration. Merkel wird zur Basta-Kanzlerin. Das widerspricht vollkommen ihrem bisherigen Politikstil. Die aus dem Kanzleramt diktierte Rochade im Kabinett soll zeigen, wer das Heft in der Hand hat. Damit werden Zweifel an ihrem Machtwillen in fast schon autoktratischer Manier weggewischt. Das soll Seehofer und alle, die seine TV-Tirade mit klammheimlicher Freude quittiert haben, zum Schweigen bringen. Es ist eine Drohgebärde auch in Richtung der FDP, die ob ihrer neuen Kräfte übermütig werden könnte. Merkel erfindet sich neu. Regierungsmüde ist sie jedenfalls nicht.