Im Kreditgewerbe ist die Liberalisierung zu weit voran getrieben worden – das belegen die neusten Bank-Skandale. Deshalb muss eine neutrale Aufsicht Manipulationen verhindern, fordert der StZ-Wirtschaftschef Michael Heller.

Stuttgart - Es gibt wohl keinen Beruf, der innerhalb kurzer Zeit so dramatisch an Ansehen eingebüßt hat wie der des Bankers oder Bankkaufmanns. Er bildet mittlerweile das Schlusslicht auf der Liste prestigeträchtiger Berufe des Meinungsforschungsinstituts Allensbach. Früher waren sich die sogenannten Bankbeamten bewusst, mit einer ganz besonderen Ware – Geld – zu handeln und deshalb davon überzeugt, auch selbst etwas Besonderes zu sein. Unabhängig davon, ob dieses Standesbewusstsein je gerechtfertigt war: seit dem Ausbruch der Finanzkrise vor mittlerweile mehr als fünf Jahren ist es dahin. Das Bild des ehrenwerten Bankiers ist ein Zerrbild geworden, eine ganze Branche unter den Generalverdacht geraten, ein Dorado für Hasardeure und Betrüger zu sein.

 

Mit jedem weiteren Skandal fällt es den nach wie vor weit überwiegend ehrlichen und seriösen Akteuren im Gewerbe schwerer, die eigene Profession zu verteidigen. Für einen neuen Höhepunkt hat die Branche gestern gleich durch zwei Schlagzeilen gesorgt: So hat die EU im Skandal um Absprachen beim Zinssatz Libor, der Orientierungsgröße ist für Kredite in Billionenhöhe, die Rekordstrafe von 1,7 Milliarden Euro verhängt; zudem scheint sich der Verdacht zu erhärten, dass Großbanken auch die Wechselkurse manipuliert haben. EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia nannte den Libor-Skandal „schockierend“ – auch deshalb, weil sich hier Banken abgesprochen haben, die eigentlich miteinander im Wettbewerb stehen sollten.