Der Netzausbau stockt, das gefährdet die Versorgungssicherheit. Doch es gibt noch kein klares Konzept, meint StZ-Redakteur Werner Ludwig.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Stuttgart - Es ist nicht das erste Mal, dass die Netzagentur mit Nachdruck darauf hinweist, dass die Energiewende ohne einen schnell Ausbau der Übertragungsnetze auf immer wackeligeren Füßen steht. Viel passiert ist trotzdem nicht. Es scheint eher so, als gingen die ständigen Warnungen der Behörde im allgemeinen Nachrichtenstrom unter, solange nirgends das Licht ausgeht. Tatsächlich ist es durch die Abschaltung mehrerer Atomkraftwerke schwieriger geworden, einen stabilen Netzbetrieb aufrechtzuerhalten. Doch das bekommt der Normalstromverbraucher nicht mit.

 

Unbestritten ist, dass neue Leitungen gebraucht werden, um den Ökostrom einspeisen zu können, der einen Großteil des Atomstroms ersetzen muss. Das bestehende Netz ist zu schwach, um etwa den Strom der geplanten gigantischen Windparks auf See zu den industriellen Großverbrauchern im Süden der Republik zu transportieren. Dass der Netzausbau stockt, liegt nicht nur am Widerstand gegen neue Leitungen und zögerlichen Investoren, sondern auch am fehlenden Gesamtkonzept. Eine deutsche Netz AG mit staatlicher Beteiligung käme hier sicher weiter als konkurrierende Netzbetreiber, die eher notgedrungen als aus Überzeugung zusammenarbeiten.

Es wäre aber falsch, bei der Energiewende nur auf Großtechnik in Form gewaltiger Windkraftwerke und ebensolcher Stromautobahnen zu setzen. Dass Eon und Co. diese Richtung präferieren, ist ihnen nicht zu verdenken – es ist das Geschäftsmodell, das sie aus der Vergangenheit kennen und aus dem Effeff beherrschen. Die Politik muss aber darüber hinausdenken. Neben den vorhandenen zentralen Strukturen muss auch die dezentrale Stromerzeugung und -speicherung massiv ausgebaut werden. Wenn etwa ein Solarstromer einen Teil seiner Produktion in einer Batterie speichert und in sonnenärmeren Zeiten selbst verbraucht oder einspeist, entlastet das die Netze. Auch das Potenzial der intelligenten Steuerung des Verbrauchs – Stichwort: Smart Grid – ist längst nicht ausgereizt. Auf den genannten Feldern lässt sich wahrscheinlich mit weniger Geld eine sicherere Versorgung erreichen als nur mit neuen Stromautobahnen.