Die Stadt lässt Bordelle und Prostituierte zahlen. Sie will lediglich ihren Anteil am Geld, das mit dem käuflichem Sex gemacht wird – egal, wie die Prostituierten es letztlich verdienen. Ein Kommentar von Cedric Rehman.

Stuttgart - Die Hurenbewegung hat sich immer für die Gleichbehandlung starkgemacht: Prostituierte sollten raus aus der Schmuddelecke und rein in die Sozialversicherung. Die Kommunen denken nun den Ansatz konsequent zu Ende, der sich aus der 2002 Realität gewordenen rechtlichen Gleichstellung ergibt. Wenn Prostitution eine Arbeit ist wie jede andere auch, darf die Gesellschaft auch ein bisschen mehr von ihnen fordern, wenn die Kassen klamm sind und dennoch Straßen und Schulen gebaut werden müssen.

 

Die Vergnügungssteuer behandelt dabei alle gleich. Denn jeder Quadratmeter eines Bordellzimmers oder einer Modellwohnung kostet ja denselben Preis. Doch Gleichheit ist eben nur dann auch gerecht, wenn sie von ähnlichen Voraussetzungen ausgeht. Das ist im Prostitutionsgewerbe sicher nicht der Fall. Das Einkommen von Sexarbeitern variiert zwar stark, doch die Mehrzahl der Prostituierten muss sich mit der Discount-Mentalität im Sexgewerbe abfinden. Sie hat den Verdienst immer weiter schrumpfen lassen und zwingt jetzt schon viele zur Akkordarbeit.

Sozialarbeiter haben recht: Der Anreiz zur Selbstausbeutung dürfte durch die Steuer jetzt weiter steigen. Den Freiern kann das egal sein. Denn niemand in der Branche will Kunden an den Mehrkosten beteiligen. Die Kommunen sind ebenfalls nicht auf die Idee gekommen, wie bei der Tabaksteuer diejenigen zur Kasse zu bitten, die am Ende das Vergnügen haben. In den Etablissements angebrachte Automaten, an denen Freier nicht nur die Dienstleistung, sondern auch die Bordellsteuer bezahlen, wären denkbar. Sie müssten allerdings im Gewerbe durchgesetzt werden. Stuttgart und andere Kommunen gehen aber lieber den einfacheren Weg. Sie wollen lediglich ihren Anteil am Geld, das mit käuflichem Sex gemacht wird – egal, wie die Prostituierten es letztlich verdienen.