Wer medienwirksam Spaten sticht, sollte auch verhandeln können. Die Projektpartner Bahn und Land dürfen das jetzt zeigen, kommentiert Holger Gayer.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Es sind Bilder wie jene, die am Montag in Dornstadt entstanden sind, die den Fotografen ratlos zurücklassen. Zwei Personen halten sich an einem Spaten fest und lächeln – fotografisch lässt sich aus so einem Motiv keinerlei Spannung erzeugen. Und doch ist an jenem 7. Mai 2012 alles anders gewesen, denn die beiden Herren, die da Parade stehen, sind lange Zeit Gegner in einem der heikelsten Konflikte gewesen, die die Republik in den vergangenen Jahren gesehen hat. Auf der einen Seite Volker Kefer, der Technikvorstand der Bahn, auf der anderen Seite Winfried Hermann, der grüne Verkehrsminister des Landes – mit ihrem Spatenstich haben die Kontrahenten von einst den Baubeginn der Neubaustrecke nach Ulm besiegelt.

 

Und da diese ICE-Trasse spätestens seit der Volksabstimmung auch untrennbar verbunden ist mit Stuttgart 21, darf dieser Spatenstich durchaus als symbolische Handlung verstanden werden. Aus den Widersachern sind Partner geworden – ob sie wollen oder nicht.

Drei Planfeststellungsabschnitten sind noch nicht genehmigt

Für die Realisierung eines schwierigen, aber von der Mehrheit der Bevölkerung gewünschten Projekts, kann dies verheerende Folgen haben – dann, wenn beide Partner in Wahrheit auf ihren alten Positionen verharren. Das Ergebnis wäre eine Blockade des Baus bei maximalen Kosten.

Doch in der Konstellation, die Freund und Feind vereint, steckt auch eine Chance – dann, wenn der eine die Bedenken des anderen ernst nimmt und die Tatsachen nicht leugnet. Im Bezug auf die Neubaustrecke heißt das: drei von sechs Planfeststellungsabschnitten sind noch nicht genehmigt, der Finanzierungsplan des Bundes für die Strecke steht auf tönernen Füßen, die Bahn selbst will erst 2020 mit allem fertig sein, rechnet aber intern bereits mit einer Verzögerung von einem weiteren Jahr. Dazu kommen Schwierigkeiten bei Stuttgart 21 inklusive offener Fragen bei der ebenfalls noch nicht planfestgestellten Anbindung des Flughafens an den Tiefbahnhof und an die Gäubahn. Letztere soll beim Filderdialog geklärt werden. Dort wird sich auch zeigen, wie gut Bahn und Land tatsächlich miteinander arbeiten können – und wie zufrieden die Bürger mit dem Ergebnis sein werden. Wie schwierig diese Mammutaufgabe wird, hat die holprige Vorbereitung des Dialogs gezeigt. Verhandeln ist eben härter, als einen Spaten ins Bild zu halten.