StZ-Filmkritiker Thomas Klingenmaier hält Disney für den besten denkbaren Käufer der Produktionsfirma des „Star Wars“-Erfinders George Lucas.

Stuttgart - In Tausenden von Blogeinträgen und Kommentaren haben die Fans von „Star Wars“ im Internet virtuell die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, kaum dass das Megageschäft von George Lucas mit dem Disney-Konzern bekannt wurde. Was, so der Tenor der Äußerungen, solle nun bloß aus dem Universum der Jedi-Ritter, der Imperialen Sturmtruppen und den Todessternen werden? Diese Frage kommt allerdings ein bisschen spät.

 

Dass sich eine Popkulturschöpfung, die global so erfolgreich ist und von der sich Millionen über Jahrzehnte hinweg ihr eigenes Bild machen, nicht zur Zufriedenheit aller weiterentwickeln lässt, hat schon George Lucas selbst bewiesen. Spätestens, als er seinen Film- und Filmwirtschaftsgeschichte schreibenden „Star Wars“-Filmen von 1977, 1980 und 1983 von 1999 an drei weitere Spektakel folgen ließ. Die Kassen haben zwar geklingelt. Aber Lucas wurde auch massenhaft beschimpft, verhöhnt und belehrt für das, was er mit seinen Erfindungen alles fasch gemacht habe. Er hat sich eben in all den Menschen, die mit seinen Filmen und Figuren aufgewachsen sind, Millionen ideeller Miteigentümer und Koautoren herangezogen.

Dem 68-jährigen Lucas ist wohl nicht bloß die Arbeitsbelastung zu viel geworden. Denn Franchise heißt bei „Star Wars“ nicht bloß, dass Unmengen Spielzeug, Nippes und Logokitsch verkauft werden. Die Großerzählung „Star Wars“ wird in Comics, Romanen, Computerspielen und TV-Serien fortgesponnen. Das wird für einen, erst recht nicht mehr ganz jungen Menschen langsam unübersichtlich.

Einen besseren Käufer als Disney hätte Lucas nicht finden können. Niemand in Hollywood oder sonst wo auf der Welt hat so viel Erfahrung wie Disney mit der Ausweitung und Auswertung fiktionaler Welten, die gleichzeitig in mehreren Medien und von getrennten Lizenznehmern entwickelt werden. Die Kompetenz, die Disney mit Micky, Donald und dem Rest von Entenhausen erworben hat, trägt auch in der Welt der Superheldenverfilmungen Früchte. Sorgen darf man sich mithin langfristig machen, ob Disney sich mit den eigenen Trickfigurenwelten, mit den Helden der Marvel-Comics und nun dem „Star Wars“-Kosmos nicht zu sehr auf etablierte Marken verlässt und ob wenigstens der Konzernzweig Pixar als Experimentallabor für neue Stoffe weiter frei arbeiten darf. Vorerst aber zeigen die vier Milliarden Dollar Kaufpreis etwas sehr Schönes: welche Wertschöpfung sich mit Freisetzung kindlicher Fantasie erzielen lässt.