Nicht nur auf Bundesebene ist die Partei AfD durch Flügelkämpfe geschwächt. Auf die Fraktion im Stuttgarter Gemeinderat teil sich in zwei unterschiedliche politische Lager auf.

Stuttgart - Bleibt die AfD eine ernstzunehmende Euro-kritische Partei rechts von der CDU oder verkommt sie endgültig zur rechtspopulistischen Splittergruppe? Auf dem Bundesparteitag der Alternative für Deutschland in Kassel am 13. Juni geht es für die 2012 gegründete Gruppierung um nichts weniger als um ihre Zukunft.

 

Ihr Spitzenpersonal ist heillos zerstritten, Parteimitbegründer und Aushängeschild Bernd Lucke und seine bisherige Co-Vorsitzende Frauke Petry haben eine weitere Zusammenarbeit kategorisch ausgeschlossen. Dass der Europaabgeordnete Lucke auf dem Parteitag zum alleinigen Bundesvorsitzenden gewählt wird, erscheint unwahrscheinlich. Seine Initiative „Weckruf 2015“, mit der er nach eigenen Angaben „das Schicksal der AfD zum Guten wenden“ wollte, ist parteiintern auf spärliche Resonanz gestoßen, der Aufruf des ebenfalls umstrittenen Landesvorsitzenden und Lucke-Unterstützers Bernd Kölmel zu einem „Neustart“ verhallte.

Ein Spiegelbild der Verhältnisse auf Bundesebene

Das Auftreten der AfD-Fraktion im Stuttgarter Rathaus erscheint wie ein Spiegelbild der Verhältnisse auf Bundesebene. Ursprünglich nur als Trio und damit als Gruppe in den Gemeinderat eingezogen, verhalf der Übertritt des früheren FDP-Fraktionschefs Bernd Klingler im Januar der AfD zum Fraktionsstatus – und damit zu mehr Einfluss und Öffentlichkeit. Doch auch die vier Stadträte der Ratsfraktion repräsentieren die unterschiedlichen Richtungen in der Partei, die Differenzen lassen sich oft nur mühsam kitten.

Mit Argwohn beäugt Landeschef Kölmel das Verhalten der Rechtsausleger Heinrich Fiechtner und Eberhard Brett in der Stuttgarter AfD-Fraktion. Insbesondere der Onkologe Fiechtner fällt durch missionarischen Eifer und Rechthaberei auf. In seiner Praxis fühlten sich Angestellte bereits gezwungen, sich mittels Hinweisschildern von seinen politischen Ansichten zu distanzieren. Er provoziert in- und außerhalb des Rathauses, bei Kundgebungen und in den sozialen Netzwerken und bewegt sich dabei oft an der Grenze zwischen Beleidigung und Meinungsfreiheit.