Endspurt in Sachen Gemeinderatswahlkampf: Bei der live im Internet übertragenen Kandidatendiskussion im StZ-Newsroom wagen die Politiker erstmals öffentlich Prognosen – und mancher verheddert sich im Zahlenwirrwarr.

Stuttgart - Es war eine Premiere in diesem Wahlkampf, die am Dienstagabend im Newsroom der Stuttgarter Zeitung stattgefunden hat: Zum ersten Mal haben Kandidaten aller im Gemeinderat vertretenen Fraktionen ihre Prognose für die Kommunalwahl am Sonntag abgegeben. Am Ende einer kontrovers geführten Diskussion, die StZ-Lokalchef Holger Gayer moderiert hatte, schwang bei manchen Vorhersagen freilich auch das Prinzip Hoffnung mit. Sicher waren sich Peter Pätzold (Grüne), Alexander Kotz (CDU), Marita Gröger (SPD), Jürgen Zeeb (Freie Wähler), Matthias Oechsner (FDP), Hannes Rockenbauch (SÖS) und Thomas Adler (Linke) nur in einem: dass ihre Partei keine Stimmen verlieren werde.

 

Prognosen gehen auseinander

Kotz, Zeeb und Oechsner gingen indes einen Schritt weiter: Sie glaubten, dass die Union die Grünen als größte Fraktion ablösen werde, die ersten beiden klar, mit 18 zu 14 Sitzen. „Das sind Fraktionsstärken, mit denen man gute Politik für fünf Jahre machen kann“, sagte Kotz nach seinem Tipp zufrieden. Derzeit hat die CDU 15 Sitze.

Peter Pätzold sah dagegen seine Grünen im Vorteil. Der Chef der momentan größten Fraktion (16 Sitze) sagte ein 17 zu 16 für seine Partei gegenüber der CDU voraus. Die Vertreter der anderen drei Parteien vermuteten ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit je 15 oder 16 Sitzen für Grüne und CDU.

Nicht alle kommen am Schluss auf 60 Sitze

Die SPD erhält laut Politikervorhersage neun oder zehn Sitze, einzig Marita Gröger hoffte auf ein Plus von einem Sitz und notierte elf Mandate für ihre Partei. Die FDP bewegte sich bei den meisten dagegen bei drei und vier Sitzen. Vielleicht war es der Vorführeffekt: Am Ende kamen nicht alle Kandidaten auf die notwendigen 60 Sitze.

Doch nicht nur um die mögliche Stimmenverteilung rangen die Politiker in der live im Internet übertragenen Diskussion, auch sachliche Themen wurden hart, aber fair erörtert. Beherrschend waren dabei der Städtebau und die Chancen der sich rasant entwickelnden Landeshauptstadt. Kritik gab es vor allem am Viertel zwischen Bahnhof und Stadtbibliothek. Zu großteilig sei es, zu wenig belebt in den Erdgeschossen. Und das Großprojekt Milaneo sei zu weit weg von der Innenstadt. „Milaneo und Bankenviertel zu tauschen, wäre logischer gewesen“, sagte Kotz.

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CDU will zum Wohnen im Neckarpark stehen

Pätzold und Gröger sprachen sich klar für Wohnen am Neckarpark aus – und Kotz sagte zu, dass es auch nach der Wahl mit der CDU Wohnen im Neckarpark geben soll. „Da haben wir uns als CDU-Fraktion ganz klar positioniert.“ Allerdings müssten die Lärmschutzfragen geklärt werden, machten er und Zeeb deutlich. Gröger sagte: „Mich regt auf, dass immer wegdiskutiert wird, dass dort eine Wohnbevölkerung schon vorhanden ist.“ Der Lärmschutz müsse ohnehin geregelt werden. Nur Oechsner sagte klar: „Wir glauben nicht, dass da Wohnen richtig ist.“

Heftig diskutiert wurde, ob man beim Rosensteinviertel, das durch den Bau von Stuttgart 21 möglich wird, jetzt schon in die Planung einsteigen sollte. „Entscheidungen können wir jetzt treffen, auch wenn das Gelände erst später verfügbar ist“, sagte Gröger. Doch sogar der Freie-Wähler-Chef Jürgen Zeeb widersprach und mahnte, dass sich die Bürger nicht veräppelt fühlen dürften. Mit der Zeit könne sich vieles verwässern: „Ich bezweifle, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für diese Diskussion ist.“ Das sah auch FDP-Mann Oechsner so – worüber sich die S-21-Gegner Pätzold, Rockenbauch und Adler sichtlich freuten. Zudem, so Pätzold, müsse man abwarten, ob ein Teil der oberirdischen Gleise noch gebraucht werde, damit der Nahverkehr auch noch funktioniert, wenn der Tiefbahnhof in Betrieb gehe. Die Entwicklung des Gebiets könne noch nicht angegangen werde, weil man den Bürgern sonst etwas vormache.

Kommunalomat zur Wahl in Stuttgart