Während der Konzerttage treten täglich Ensembles aus Winnenden in den örtlichen Pflegeheimen auf. Die einstündigen Serenaden bringen bei den betagten Zuhörern eine Saite zum klingen, wie das Konzert des Kammerchors Winnenden zeigt.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Winnenden - Wer hat dich du schöner Wald, aufgebaut so hoch da droben“, tönt es aus einem Dutzend Männerkehlen und im Andachtsraum des Hauses im Schelmenholz könnte man eine Stecknadel fallen hören. Voll besetzt ist der Saal, einige Mitarbeiterinnen bleiben sogar in den Türrahmen stehen, während der Kammerchor Winnenden unter Leitung Winfried Gutemanns diesen Klassiker der Romantik singt. Zwischen den Liedern erklärt Gutemann deren Herkunft und Geschichte und entdeckt im Publikum einen früheren Sänger. „Das Lied kennst du auch noch, gell“, fragt er den betagten Zuhörer.

 

Ehemalige Sänger und Musiker im Publikum

Zerstreuung für die Bewohner wird in dem Seniorenheim groß geschrieben. Doch dass eine komplette Konzertreihe extra zu Besuch in das Haus im Winnender Ortsteil kommt, ist auch für Waltraud Kischel neu. „Ich finde es großartig, dass das Konzept der Konzerttage Winnenden auch die Pflegeheime der Stadt mit einbezieht“, sagt die Leiterin des Hauses, das zur Evangelischen Heimstiftung zählt. Auch im ASB-Seniorenzentrum treten diese Woche verschiedene Ensembles auf, die aus Winnender Musikern bestehen.

Gerd Eicker, der frühere Leiter der Jugendmusikschule der Stadt, hat die Koordination dieser Konzerte übernommen. Kaum angekommen, um dem Kammerchor zu danken – „Das Engagement ist komplett ehrenamtlich“ – witscht er schon wieder zur Tür hinaus, um zum Seniorenzentrum in der Stadtmitte zu eilen, um auch dort zur Begrüßung zu sprechen.

Bereits vor das Konzert an diesem Dienstagnachmittag begann, sind etliche der Bewohner ins Erdgeschoss gekommen. „Einige haben früher selbst bei den Musikgruppen mitgemacht und freuen sich schon seit Wochen auf die Konzerte“, sagt Waltraud Kischel. Die Dauer von einer Stunde sei genau angemessen für ihr Publikum, das im Schnitt 85 Jahre und älter ist: nicht zu lang und vor allem um 16 Uhr günstig gelegen, da nach dem Nachmittagskaffee. „Da ist man schon ,aushäusig’ und entscheidet sich leichter, das Konzert zu besuchen“, meint Waltraud Kischel. Eine fast hundertjährige Besucherin hat sich strategisch neben eine der Türen gesetzt. „Falls sie hüsteln muss, kann sie schnell hinaus.“

Die Begeisterung für die Konzerttage ist greifbar

Eine Stunde Musik von Winnender Ensembles für Menschen, die nicht mehr in Konzerte gehen können, verspricht das Rahmenprogramm der Konzerttage täglich. Zehn Konzerte sind es insgesamt, die in den Seniorenheimen stattfinden. „Manche treten in beiden Häusern auf“, sagt Gerd Eicker. „Sie haben gesagt, sie machen einen Kanzeltausch“, berichtet der promovierte Musiker, mit vor Begeisterung leuchtenden Augen. „Das Konzept ist einmalig“, meint Gerd Eicker und erzählt weiter, wie Winnender Kunstschaffende das ursprüngliche Konzertprogramm mehr und mehr ergänzt haben.

„Das ist der Tag des Herrn“, singt der Kammerchor jetzt und die Worte Ludwig Uhlands in der Musik Conradin Kreutzers bringt eine Saite im Publikum zu klingen. „Am liebsten würde ich jetzt laut mitsingen“, verrät eine Frau mit freudig strahlendem Gesicht ihrer Nachbarin.