Frieder Bernius führt mit seinem Kammerchor und Barockorchester zum Auftakt des Festivals „Stuttgart Barock“ Sakralwerke von Pergolesi auf.

Ein recht rabiater Herrgott, der da Häupter zerschmettern und selbst das mächtige Haupt erheben wird, nachdem er wie ein wildes Tier aus dem Sturzbach getrunken hat. Der 109. Psalm lässt den göttlichen Wüterich los, unzählige Komponisten des 17. und 18. Jahrhunderts haben ihn musikalisch eingefangen. „Dixit Dominus“, so der lateinische Textanfang, ist der wohl meistvertonte aller Psalmen. Bei Giovanni Battista Pergolesi wird in der entsprechenden Passage die Wortfolge selbst zertrümmert: Hier der Zorn Gottes, dort die schmetternde Faust, dann wieder, fast zärtlich mit seinen synkopierten Terzen, das Bild vom trinkenden Gottestier und das klanggestisch erhobene Haupt; letzteres ein Beispiel für Pergolesis Kunst der organisch eingebundenen Textdeutung jenseits barocker Holzhammerrhetorik. Selbst was zertrümmert wird, hinterlässt hier kein Trümmerfeld, sondern fügt sich zu blitzender Anmut und Würde. Die revolutionäre Eleganz dieser Musik läuft freilich Gefahr, durch ihre epochalen Folgen spätere Gehörgänge zu blockieren. Wer sie mit den Ohren der Wiener Klassik hört, hört nicht den Aufbruch, nur das Vorläufige.