Die lässigen Nein-Sager von Isolation Berlin haben den Ruf, die neueste Band der Stunde zu sein. Am Samstagabend hat die Combo aus Berlin im ausverkauften Goldmark’s gespielt.

Stuttgart - Da steht einer und schreit: „Ich schlitz’ mich auf, ich muss aus meinem Körper raus!“ Ein junger Typ mit Gitarre brüllt an gegen Konsumzwang und Tristesse. Er heißt Tobias Bamborschke, seine Band heißt Isolation Berlin. Die lässigen Nein-Sager aus der Hauptstadt haben den Ruf, die neueste Band der Stunde zu sein; am Samstagabend spielen sie im ausverkauften Goldmark’s. Bamborschke trägt eine Lederjacke, auf die er den Namen seiner Band geschmiert hat; Max Bauer spielt die grelle Gitarre, Simeon Cöster trommelt irre, David Specht lässt den Bass brummen. Hin und wieder kommt ein bisschen Keyboard oder Orgel dazu, gleich beim ersten Stück: „Ich bin ein Produkt“, singt Bamborschke, bissig, stolz und monoton. Das Schlagzeug marschiert mit kränkelndem Pathos nebenher.

 

So viel Konsumkritik könnte aufgesetzt wirken, aber bei Isolation Berlin kommt sie aus dem Bauch, das spürt man, aus dem Keller. Und sie wird abgelöst, das ist das eigentlich Wunderbare: Der nächste Song schon handelt von der Liebe, unschuldig kaputt, mit Schnaps und Zigaretten – „Über uns das Sternenzelt, unter uns die weite Welt.“ Dann, plötzlich: Funk, irgendwann auch Punk, dazwischen Schlagerseligkeit und New Wave. Alles kantig, laut und ungeschliffen. Isolation Berlin spielen einen Retro-Sound, der durch die Jahrzehnte steift und sich greift, was ihm gefällt. Tobias Bamborschke singt davon, wie schwer es ist, aufzustehen, vom Leben, trist und abgenutzt – die Musik seiner Band empfiehlt sich als das Gegenmittel.

Isolation Berlin haben sich selbst als Proto-Pop etikettiert, als Berliner Schule – das kann man getrost vergessen. Sie stehen irgendwo zwischen den Stuttgarter Nerven und Wanda aus Wien. Bands, die eine vergessene Urwahrheit der Popmusik wiederentdeckt haben: Dass man sich auskotzen und Spaß dabei haben kann. Tanzen hilft. Da steht also einer und schreit als würde er sterben, seine Stimme überschlägt sich, das Feedback hämmert in den Ohren – man weiß, er wird überleben, wird noch einen Song spielen, mit seiner Band, und dann noch einen.