Die US-Medien versuchen den Islamhasser Terry Jones  aus Florida zu ignorieren – doch sein Nährboden ist die weit verbreitete Angst vor Muslimen.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Washington - Diesmal haben die amerikanischen Medien ungewöhnliche Disziplin gewahrt. Im vergangenen Jahr, kurz vor dem Jahrestag des 11. September 2001, hatte Pastor Terry Jones mit seiner am Ende abgeblasenen Koranverbrennung Dutzende von Kamerateams und sogar US-Verteidigungsminister Robert Gates auf den Plan gerufen. Doch anschließend wurde in vielen Medien selbstkritisch diskutiert, ob man einem irrelevanten Hassprediger aus Florida eine derartige Plattform bieten dürfe.

 

Als Jones am 20. März den Koran nun doch verbrannt hat, stieß er in den USA auf eine Mauer des Schweigens. Nur 30 Menschen sahen zu, als das heilige Buch der Muslime nach einer simulierten Gerichtsverhandlung angezündet wurde. Selbst die Zahl der Klicks, die der von der Kirche ins Internet gesetzte Videoclip erreichte, blieb lächerlich gering. Nur 1500 Menschen hatten die Szene nach Angaben der Nachrichtenagentur AP am vergangenen Freitag gesehen - kurz bevor die Meldungen über die Ausschreitungen aus Afghanistan eintrafen.

Doch in der islamischen Welt hatte die Nachricht dennoch die Runde gemacht. Schon bevor die Unruhen in seinem Land aufbrachen, hatte der afghanischen Präsidenten Hamid Karsai bei der amerikanischen Regierung protestiert. Jones ist es nun im zweiten Anlauf gelungen, sogar US-Präsident Barack Obama auf den Plan zu rufen, der am Wochenende sowohl die Verbrennung als auch die anschließenden Morde in Afghanistan scharf verurteilte. „Die Schändung jedes heiligen Textes, einschließlich des Korans, ist ein Akt extremer Intoleranz und Bigotterie. Wenn allerdings als Reaktion unschuldige Menschen getötet werden, ist dies zutiefst empörend – es ist ein Angriff auf den menschlichen Anstand und die menschliche Würde“, sagte Obama.

Jones zeigt keine Reue

Doch Reue zeigte Pastor Jones nicht. „Natürlich wollten wir für Aufruhr sorgen“, sagte er. Was er getan habe, würde er jederzeit noch einmal tun, obwohl er mehr als 300 Todesdrohungen erhalten habe. Für die Toten in Afghanistan sei nicht er verantwortlich. Nun sei es an den Vereinigten Staaten und den Vereinten Nationen, diese Morde zu vergelten.

Ohne die mediale Hysterie des vergangenen Jahres ist die Wirkung der Provokation allerdings kaum zu verstehen. Der Name Terry Jones hat sich offenbar in das Bewusstsein vieler Muslime eingebrannt. Dabei ist der Prediger selbst für amerikanische Maßstäbe, wo jeder sich Pastor nennen kann, an Irrelevanz kaum zu übertreffen. Mit zwanzig bis dreißig Mitgliedern ist seine Gemeinde letztlich nicht lebensfähig. Laut einem Bericht der „New York Times“ ist Jones pleite. Die öffentliche Aufmerksamkeit hat ihm nichts genutzt. An seinem Heimatort ist der Pastor geächtet und isoliert. Doch er verkörpert letztlich in exzessiver Weise das Klima des Misstrauens, unter dem die kleine islamische Minderheit in den USA immer mehr leidet.

 Anhörung im Kongress wühlt Emotionen auf

Vor drei Wochen hat eine Anhörung vor dem Kongress die Emotionen aufgewühlt. Ein republikanischer Abgeordneter wollte der Frage nachgehen, ob islamische Gemeinden in den USA eine Brutstätte für Terroristen seien. In der vergangenen Woche haben gleich zwei Aspiranten für die republikanische Präsidentschaftskandidatur Öl ins Feuer gegossen. Der Radiomoderator Herman Cain, der einzige schwarze Amerikaner im Kandidatenfeld, hatte am Rande einer republikanischen Parteiveranstaltung in Iowa auf eine Reporterfrage geantwortet, dass er niemals einen Muslim in seine Regierung aufnehmen werde: „Wir können nicht sicher sein, dass Muslime auf dem Boden unserer Verfassung stehen.“

Der ebenfalls auf die republikanische Nominierung schielende Milliardär Donald Trump, warf US-Präsident Obama vor, dass er nicht belegen könne, dass er auf amerikanischem Boden geboren sei. Obama halte seine Geburtsurkunde vermutlich deshalb versteckt, weil er als Muslim geboren sei, sagte Trump – wohl wissend, dass dies viele Amerikaner als Disqualifikation ansehen.

Den Imam Feisal Rauf, der wegen des Planes für eine Moschee in der Nähe des ehemaligen World Trade Centers im vergangenen Jahr massiv kritisiert wurde, kann all dies kaum noch schockieren: „Millionen amerikanische Muslime, die keinen Widerspruch darin sehen, Amerikaner und Muslim zu sein, arbeiten hart am Brückenbauen. Es ist deshalb wenig überraschend, wenn man sieht, das sie zur Zielscheibe derjenigen werden, die Brücken lieber verbrennen als sie zu bauen“, schrieb er in der „Washington Post“.