Der Kosmos-Chef Michael Fleissner freut sich auf die Spielwarenmesse in Nürnberg. Die Stuttgarter präsentieren sich dort erstmals zusammen mit ihren Vertriebstöchtern aus den USA und Großbritannien.

Stuttgart - Generationen von Kindern sind mit den Experimentierkästen von Kosmos aufgewachsen.

 

Der Chef des Stuttgarter Verlags erklärt im Gespräch, wie dem Familienunternehmen der Spagat zwischen klassischen Spielen und digitalen Innovationen gelingt. Ein Klassiker aus dem Hause Kosmos feiert 20. Geburtstag.

Herr Fleissner, was erwarten Sie sich von der Spielwarenmesse in Nürnberg?
Natürlich hat jeder Verlag die große Hoffnung, dass er die richtigen Produkte auf der Messe präsentiert. Die neuen Erfolgsspiele. Wir wollen dem Handel aber vor allem zeigen, welche Vielfalt und Innovationskraft in einem so traditionsreichen Haus wie Kosmos steckt und welche neuen Wege wir als mittelständisches Familienunternehmen gehen. Der Schlüssel zu unserem Erfolg ist die internationale Expansion, die das Haus vor zwei Jahren eingeleitet hat. Wir sind deshalb erstmals auch mit unseren Vertriebstöchtern aus den USA und Großbritannien am Stand vertreten. Auf der Messe wollen wir noch einmal sehr deutlich machen, dass wir Produkte entwickeln, die für viele Märkte in der Welt attraktiv sind.
Als einen Trend des Jahres haben die Messemacher „Little Scientists“ (deutsch: kleine Wissenschaftler) ausgerufen. Wie erklären Sie sich die ungebrochene Beliebtheit von Experimentierkästen?
Kinder und Jugendliche können ihre Kreativität damit vollkommen ausleben. Wichtig ist, dass die Entwicklung nicht stehenbleibt und wir uns immer wieder aufs Neue an aktuellen Erlebniswelten orientieren. Kosmos hat die Experimentierkästen in den 1920er Jahren erfunden. Früher wollten sich die Kinder ein eigenes Radio zusammenbauen, dafür gab es den Radiomann. Es folgten der Elektromann und der Technikus. Zu den klassischen Themen Physik und Chemie kamen in den neunziger Jahren die erneuerbaren Energien hinzu. Heute läuten wir wieder eine neue Ära bei den Experimentierkästen ein: Wir bringen der nächsten Generation unter dem Arbeitstitel „KosmoBits“ das Programmieren bei. Damit sprechen wir Kinder und Jugendliche an, die digital aufwachsen und mehr mit ihrem Smartphone machen wollen, als nur zu telefonieren, Nachrichten auszutauschen oder im Web zu surfen.
Das Spiel „Siedler von Catan“ wird in diesem Jahr zwanzig. Welche Bedeutung hat der Klassiker für den Kosmos-Verlag?
Das Spiel war ein großer Glücksfall für unser Unternehmen. Als mein Vater und ich 1989 bei Kosmos eingestiegen sind, war der Verlag in einer ziemlichen Schieflage. Der Verschuldungsgrad war sehr hoch und wir mussten einiges abgeben, um wieder Liquidität ins Unternehmen zu bringen, unter anderem sehr erfolgreiche Fachzeitschriften. Wir haben uns zunächst auf die Weiterentwicklung des Buchprogramms konzentriert. Doch mit „Catan“, das 1995 seinen weltweiten Siegeszug angetreten hat, blühte der gesamte Kosmos-Spielebereich auf. Plötzlich wurden auch die Experimentierkästen wieder attraktiv. Viele in den letzten Jahren erschienene Bestseller wie „Ubongo“, „Keltis“ oder „Die Legenden von Andor“ sind ebenfalls auf den großen Erfolg der „Siedler von Catan“ zurückzuführen. Dafür sind wir sehr dankbar.
Lässt sich so ein Erfolg wiederholen?
Das ist die Kernfrage, die alle Spieleverlage umtreibt. Doch Bestseller lassen sich nicht planen. Wir hatten das Glück, einen Autor wie Klaus Teuber im Haus zu haben, der weiß, wie man Brettspiele konzipiert. Im Herbst kommt das erste Spiel von Teuber und seinem Sohn Benny auf den Markt. Ob der Autor damit wieder einen Volltreffer landet, ist noch offen. Am Ende entscheiden die Spieler.
Die demografische Entwicklung stellt die Branche vor eine besondere Herausforderung. Reagieren Sie darauf, indem Sie mehr Spiele für Erwachsene entwickeln?
Natürlich konzentriert sich alles auf weniger Kinder. Doch die Eltern und Großeltern sind heute mehr denn je bereit, das Beste für ihre Kinder zu tun. In den Nachwuchs wird investiert, er wird mit qualitativ hochwertigem Spielzeug ausgestattet. Diese Qualität zu bieten und zu halten, ist unser oberstes Prinzip. Auf der anderen Seite gibt es Ideen, auf den wachsenden älteren Teil der Gesellschaft zuzugehen, der auch gerne spielt, baut und offen für Neues ist. Wir haben diese Zielgruppe im Blick, sind aber noch nicht so weit, ein eigenes Erwachsenenprogramm neben unseren Familienspielen zu entwickeln. Im Übrigen sind viele unserer Spiele für Menschen im Alter von sechs bis 99 Jahren geeignet. Spielen ist und bleibt eine wichtige Sache für die ganze Familie.