Nach dem Brand in einer Kleintierzuchtanlage stellt die Tierschutzorganisation Peta Strafanzeige gegen den Verein. Auch in rund 20 weiteren Fällen klagt Peta gegen Tierhalter nach Stallbränden.

Gerlingen - Den 2. Januar dieses Jahres werde er nicht so schnell vergessen, sagt Uwe Schediwy. Der Vorsitzende der Gerlinger Kleintierzüchter war vor Ort, als die Ställe seines Vereins in Flammen standen. Mehr als 200 Kaninchen, Tauben und Hühner starben durch das Feuer und den Rauch. Die Flammen zerstörten einige Ställe komplett, der Wiederaufbau wird dauern. Mittlerweile ruft der Verein zu Spenden auf. Doch außer dem Wiederaufbau der Gebäude könnte noch eine ganz andere Herausforderung auf die Gerlinger Züchter zukommen: eine rechtliche.

 

Wie die Tierschutzorganisation Peta mitteilt, habe man Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen „die Verantwortlichen“ gestellt. Die Tierrechtler werfen den Züchtern vor, gegen das Tierschutzgesetz verstoßen zu haben. Durch einen unzureichenden Brandschutz in den Ställen sei das Leben der Tiere fahrlässig gefährdet worden, heißt es von Peta. Der nächste Hydrant für Löschwasser sei mehr als einen Kilometer von der Anlage entfernt. „Es gibt so gut wie keine Vorschriften für den Brandschutz in Ställen. Das muss sich ändern, wir hoffen auch auf Verurteilungen“, sagt Lisa Wittmann, Referentin bei Peta. Landwirte und Halter seien für ihre Tiere verantwortlich, und ein angemessener Brandschutz gehöre dazu.

Peta hofft nach ihren Anzeigen auf Verurteilungen

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart bestätigte auf Anfrage, dass eine Anzeige eingegangen sei. Man führe die Ermittlungen aber gegen Unbekannt. Die Gerlinger Kleintierzüchter um den Vorsitzenden Uwe Schediwy wussten von den rechtlichen Schritten gegen sie bislang nichts. „Wir werden erstmal gar nicht reagieren“, sagte Schediwy. Er sei sich keinem Vergehen gegen den Brandschutz bewusst. Auch durch das Anbringen von mehr Feuermeldern hätten seiner Meinung nach die Tiere nicht gerettet werden können. „Wer soll den Alarm hören? Nachts ist niemand auf der Anlage.“ Auch den Vorwurf der Fahrlässigkeit kann Schediwy nicht nachvollziehen, schließlich sei für die Vereinsmitglieder der Tod ihrer Tiere „das Schlimmste, was passieren kann“.

Offenbar sind die Gerlinger Züchter nicht die Einzigen, gegen die Peta vorgeht. Rund 20 Strafanzeigen nach Stallbränden in ganz Deutschland haben man seit Mitte des vergangenen Jahres gestellt, sagt Lisa Wittmann. In allen Fällen seien Tiere ums Leben gekommen, in allen Fällen wirft die Organisation den Landwirten und Tierhaltern vor, ihre Gebäude nicht ausreichend gegen ein mögliches Feuer gesichert zu haben. Mittlerweile seien einige der Verfahren zwar eingestellt worden,teilweise liefen aber noch Ermittlungen, sagt Edmund Haferbeck, der Leiter der Rechtsabteilung bei Peta. „Wir wollen auf die Notwendigkeit eines besseren Brandschutzes hinweisen.“

Der Bauernverband ist wütend über die Klagewelle

Tatsächlich scheinen die rechtlichen Vorgaben, was den Brandschutz in Ställen anbelangt, nicht eindeutig. Die Landesbauordnung etwa fordert die „Ermöglichung der Rettung von Mensch und Tier“. Der Verband der deutschen Versicherer empfiehlt unter anderem, in jedem landwirtschaftlichen Gebäude mindestens einen Feuerlöscher bereitzustellen. Konkrete Vorgaben über Feuermelder oder Rettungsmöglichkeiten fehlen indes. Peta will das nicht akzeptieren. „Wir werden die Fälle, die uns bekannt werden, weiterhin zur Anzeige bringen“, sagt Haferbeck.

Erwartungsgemäß auf wenig Verständnis stoßen die Tierschützer damit bei den Bauern. Eberhard Zucker, der Vorsitzende des Verbands Ludwigsburg-Heilbronn, sagt über die Klagewelle: „Da werde ich richtig wütend.“ Die Landwirte seien nach einem Feuer schon genug geschädigt, eine Klage käme einer doppelten Bestrafung gleich. Zucker hält den Brandschutz in den meisten Ställen für ausreichend. Vor allem neue Gebäude würden zum Beispiel über ausreichend breite Tore verfügen, durch die die Tiere fliehen könnten. Außerdem, so Zucker: „Auch der beste Schutz kann den Notfall nicht verhindern.“

Für die Kleintierzüchter hatte der Brand noch ein anderes Nachspiel. Er habe danach rund 80 Anrufe auf ganz Deutschland erhalten – mit teils wüsten Beschimpfungen, erzählt Schediwy. „Ich wurde als Mörder und als Brandstifter bezeichnet, sogar eine Morddrohung war dabei.“

Pro von Hilke Lorenz: Denkanstoß

Vorstoß - Man muss nicht jede Aktion der Tierschutzorganisation Peta gut heißen. Wenn die Tierschützer nun Landwirte und Kleintierzuchtvereine anzeigen, deren Ställe und Anlagen samt der Tiere Opfer eines Brandes wurden, heißt das noch lange nicht, dass es zu einem Verfahren vor Gericht kommt. Das ist eher unwahrscheinlich. Wohl keiner der Bauern muss sich Sorgen machen, zum materiellen Schaden auch noch strafrechtlich belangt zu werden.

Dennoch legt Peta mit der Aktion den Finger in eine Wunde. Denn nach ihrer Argumentation sterben Hasen, Rinder und Sauen wenn ein Brand ausbricht nur deshalb in so großer Zahl, weil sie in der für die Tierschützer unakzeptablen – gesetzlich jedoch völlig legalen – Massentierhaltung untergebracht sind. Das ist das bedenkenswerte eigentliche Übel, das die meisten Verbraucher einfach hinnehmen. Und die Politik forciert dieses Übel noch mit falschen Förderanreizen für große Ställe. Darüber nachzudenken – und Anlässe für das Nachdenken zu finden – ist legitim.

Kontra von Markus Klohr: Kriminalisierung

Kampagne - Die Tierschützer von Peta schlagen den Sack und meinen den Esel. Kritik an Massentierhaltung oder mangelnden Brandschutzvorschriften in Großställen ist legitim und notwendig. Allein: die Massenanzeigen treffen die Falschen. Es ist hanebüchen zu unterstellen, dass es dem Bauern egal wäre, wenn 200 Tiere im Stall verbrennen. Selbst mit einem Herz aus Stein könnte eine Zerstörung seiner Lebensgrundlage nicht spurlos an ihm vorüber gehen.

Einzelne Landwirte setzen nicht die Bedingungen, unter denen Fleisch konsumiert wird. Vom Billiger-Größer-Trend profitieren sie als letzte. Auch die Brandschutzvorschriften wurden nicht von den Bauern (oder den Kleintierzüchtern) gemacht. Man könnte die Aktion als bloßen Aufmerksamkeits-Hype abtun – wenn dabei nicht reihenweise Landwirts-Familien kriminalisiert würden. Post vom Staatsanwalt, Ermittlungsverfahren, Unsicherheit: das alles mutet Peta den Betroffenen zu. An den eigentlichen Missständen wird das nichts ändern.